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Leo Trotzki 19390318 Interview mit Sybel Vincent

Leo Trotzki: Interview mit Sybel Vincent

18. März 1939

[Veröffentlicht im Socialist Appeal vom 4. April 1939. Nach Revolution und Bürgerkrieg in Spanien, S. 331 f.]

Wäre die spanische Revolution siegreich gewesen, dann hätte sie der revolutionären Bewegung in Frankreich und in anderen Ländern Europas einen mächtigen Anstoß gegeben. In diesem Falle hätte man zuversichtlich hoffen können, dass die siegreiche sozialistische Revolution dem imperialistischen Krieg zuvorkommen würde und ihn gegenstandslos und unmöglich gemacht hätte. Aber das sozialistische Proletariat Spaniens wurde von der Koalition der Stalin-Azaña-Caballero-Negrin-García Oliver erdrosselt, noch bevor es endgültig von Francos Horden vernichtet wurde. Die Niederlage der spanischen Revolution drängte die revolutionäre Perspektive zurück – zugunsten des imperialistischen Krieges. Nur ein Blinder kann das nicht sehen! …

Meine Meinung über den Bürgerkrieg in Spanien? Zu dieser Frage habe ich mich viele Male in der Presse geäußert.

Ihrem Wesen nach war die spanische Revolution sozialistisch: die Arbeiter versuchten mehrfach, die Bourgeoisie zu stürzen, die Betriebe zu übernehmen; die Bauern wollten sich den Boden nehmen. Die von den Stalinisten geleitete Volksfront erdrosselte die sozialistische Revolution im Namen einer überlebten bürgerlichen Demokratie. Daraus resultierten Enttäuschung, die Hoffnungslosigkeit, die Entmutigung der Arbeiter- und Bauernmassen, und damit der militärische Zusammenbruch.

Die Berufung auf die verräterische Politik Englands und Frankreichs erklärt gar nichts. Natürlich waren die „demokratischen" Imperialisten mit ganzem Herzen bei der spanischen Reaktion und halfen Franco, soweit sie nur konnten. So war es und wird immer so sein. Die britische Bourgeoisie stand selbstverständlich auf Seiten der spanischen, die völlig auf die Seite Francos überging. Anfangs glaubte allerdings Chamberlain nicht an den Sieg Francos und hatte Angst, sich durch ein vorzeitiges Aufdecken seiner Sympathien zu kompromittieren. In Frankreich hat sich wie immer der Wille der französischen Bourgeoisie durchgesetzt. Die Sowjetregierung spielte gegenüber den revolutionären spanischen Arbeitern die Rolle des Henkers, um London und Paris ihre Vertrauenswürdigkeit und Loyalität zu beweisen. Die letzte Ursache für die Niederlage einer machtvollen und heroischen Revolution ist die verräterische antisozialistische Politik der sogenannten Volksfront. Hätten die Bauern das Land und die Arbeiter die Betriebe übernommen, dann wäre Franco nie imstande gewesen, ihnen diesen Sieg aus ihren Händen zu entreißen!

Kann sich das Regime Francos an der Macht halten? Natürlich nicht für tausend Jahre, wie der Nationalsozialismus in Deutschland prahlend verspricht. Aber Franco wird sich eine gewisse Zeit halten, dank der gleichen Bedingungen wie Hitler. Nach großen Anstrengungen und Opfern, nach schrecklichen Niederlagen trotz dieser Opfer, muss die spanische Arbeiterklasse zutiefst von den alten Parteien enttäuscht sein – von Sozialisten, Anarchisten, Kommunisten, die mit vereinten Kräften, unter dem Banner der Volksfront, die sozialistische Revolution erdrosselten. Die spanischen Arbeiter werden jetzt unvermeidlich eine Zeit der Entmutigung durchmachen, bis sie langsam und beharrlich nach einem neuen Weg Ausschau halten. Die Zeit, in der die Massen entkräftet danieder liegen, wird genau mit der Herrschaftsperiode Francos zusammenfallen.

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