Leo
Trotzki: Eine Wendung der Stalinisten?
30.
Juli 1931
[auf
Englisch veröffentlicht in The
Militant
vom
26. September 1931. Nach
Revolution und Bürgerkrieg in Spanien, S. 143 f.]
Nach
Informationen des Genossen N. hat das Zentralkomitee der Spanischen
Kommunistischen Partei eine entscheidende Wendung in seiner Politik
gemacht …
Nach
Mitteilungen des Genossen N. scheint es, dass das Zentralkomitee der
Spanischen KP, während es formal die Losung der „demokratischen
Diktatur" beibehält, seine Politik in zwei Punkten entscheidend
geändert hat: erstens, es schlägt den Weg des Kampfes mit
demokratischen Losungen ein, zweitens, es ist bereit, die Politik der
Einheitsfront anzuwenden.
Wir
können hier einen klaren und unbezweifelbaren Sieg der Linken
Opposition verzeichnen. Wie tiefgehend und ernsthaft die Wendung der
spanischen Stalinisten sein mag, ist eine andere Frage. Weiterhin
hängt jede Antwort beträchtlich von unserer Politik ab. In jedem
Falle jedoch ist schon allein die Tatsache der Wendung ein direktes
Ergebnis der Kritik der Linken Opposition… Nur die Fraktion der
Linken Opposition ist eine progressive Kraft innerhalb des
Kommunismus… Von ihrem Erfolg hängen die Erfolge des Kommunismus
ab, und insbesondere die Erfolge der spanischen Revolution.
Aber
wie sollen wir auf die Wendung der spanischen Stalinisten reagieren?
In dieser Beziehung besitzen wir bereits erhebliche Erfahrung, obwohl
tatsächlich in erster Linie eine Erfahrung von begangenen Fehlern.
Als die französischen Stalinisten, in beträchtlichem Maße unter
dem Einfluss unserer Kritik, beschlossen, die phantastische Politik
der „dritten Periode" zu verlassen, erklärte die alte Führung
der Ligue im voraus, die Periode der Abenteuer mache der des
Opportunismus Platz, und die Linke Opposition solle weiter ihren Weg
gehen, als ob nichts geschehen wäre.
Damals kritisierten wir diese formalistische und unlebendige Politik,
deren Konsequenz es war, dass die Französische Liga die
außerordentlich günstige Gelegenheit verfehlte, den proletarischen
Kern der Partei zu erreichen. Hoffen wir, dass sich dieser Fehler
nicht in Spanien wiederholen wird.
In
einem kurzen Brief unterstreicht Genosse N. zwei Tatsachen, die für
die Politik der spanischen Linken Opposition in der gegenwärtigen
Epoche eine besonders große Bedeutung haben: die offizielle Partei
hat eine Reihe von Schritten auf die Politik der
Bolschewiki-Leninisten hin unternommen, oder hat sie zumindest
angekündigt; zum anderen verstärkt sich bei der Führung der
Katalanischen Föderation immer mehr ihre opportunistische Verwirrung
und ihr kleinbürgerlicher Nationalismus. Zuvor hat die offizielle
Partei alles getan, um die Linke Opposition mit den Fehlern Mauríns
auf eine Stufe zu stellen. Momentan wird uns eine außerordentlich
günstige Gelegenheit geboten, alle Missverständnisse auszuräumen…
Die
Linke Opposition sollte die Wendung des Zentralkomitees der
Spanischen KP einer ernsthaften Analyse unterziehen – ohne naive
Leichtgläubigkeit, aber auch ohne sektiererische Vorurteile. Was
alles wir erreicht haben, sollte deutlich geäußert und in Betracht
gezogen werden. Wo Differenzen bleiben, sollten sie ohne jede
Verniedlichung und Beschönigung herausgestellt werden.
Je
schneller und entschiedener die Linke Opposition auf die Wendung
reagiert und an die Partei herangeht, umso vorteilhafter wird es für
die Linke Opposition, die Partei und die spanische Revolution sein.