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Leo Trotzki 19390130 Unwissenheit ist kein Werkzeug der Revolution

Leo Trotzki: Unwissenheit ist kein Werkzeug der Revolution

Aus Anlass eines skandalösen Artikels in Trinchera Aprista

[Eigene Übersetzung nach dem russischen Text, verglichen mit der englischen und französischen Übersetzung]

In Nr. 3 unserer Ausgabe gab es einen Artikel des Genossen Diego Rivera aus Anlass des Programmbriefs Haya de la Torres. Der Artikel des Genossen Rivera stellte, wie alle unsere Leser sehen konnten, äußerst wichtige Fragen in einem sehr ruhigen Ton. Zu unserem größten Erstaunen antwortete einer der Journalisten der APRA, ein gewisser Guillermo León1, mit einem Artikel, der nicht anders als unverschämt und unanständig bezeichnet werden kann. Anstelle einer Antwort auf die wesentlichen gestellten Hauptfragen hält es Herr León für möglich, Diego Rivera als Mensch und Künstler anzugreifen, indem er sich persönliche Insinuationen erlaubt2, abgeschrieben aus dem Bereich des gelben Journalismus. Besteht die Notwendigkeit, Diego Rivera vor dummen und schmutzigen Attacken zu schützen?

Mit komischer Hochmut nennt León in jeder Zeile den Genossen Rivera einen „Kunstmaler", als ob dieses Wort eine schreckliche Verurteilung enthielte. Um das Gewicht seiner Ironie – der Ironie eines machtlosen Philisters – zu erhöhen, geziemt es Herrn León von einem „großen Kunstmaler" sprechen: Denn wenn es schlecht ist, ein Kunstmaler zu sein, ist es viel schlimmer, genial3 zu sein. Im Gefolge von Toledano und anderen bürgerlichen „Sozialisten" beschuldigt León Rivera dessen, seine Bilder an die Bourgeoisie verkauft zu haben. Wer außer der Bourgeoisie kann in der kapitalistischen Gesellschaft Bilder kaufen? Abhängig von der Bourgeoisie durch die Kraft soziale Beziehungen ist die überwiegende Mehrheit der Künstler von der Bourgeoisie ideenmäßig unterjocht4. Rivera stellt in der Beziehung ein Ausnahmefaktum dar, dass er völlige moralische Unabhängigkeit von der Bourgeoisie bewahrt. Darauf beruht sein Recht auf Achtung durch jeden sozialistischen Arbeiter und jeden ehrlichen Demokraten. Aber León gehört weder zur einen noch zur anderen Kategorie.

León beginnt mit Empörung anlässlich dessen, dass Rivera Haya de la Torre als Demokraten betrachtet. León sieht darin etwas wie eine Beleidigung und Verleumdung. „Haya de la Torre", ruft er aus, „ist kein Demokrat, sondern ein Revolutionär.“ Es ist unmöglich, völlig zu verstehen, was diese Gegenüberstellung bedeutet. Ein Demokrat kann auf der einen Seite einem Anhänger der Monarchie oder der faschistischen Diktatur gegenübergestellt werden und auf der anderen Seite und auf einer anderen Ebene – einem Sozialisten. Aber einen Demokraten einem Revolutionär5 gegenüberzustellen, ist fast dasselbe wie einen Blonden6 einem Anwalt gegenüberzustellen. Ein Demokrat in Frankreich oder in den Vereinigten Staaten kann natürlich kein Revolutionär sein. Er steht für die Erhaltung dessen, was ist7; er ist ein Konservativer. Aber ein Demokrat eines rückständigen Landes unter dem doppelten Joch des Imperialismus und einer Polizeidiktatur, wie Peru, muss ein Revolutionär sein, wenn er ein ernsthafter und konsequenter8 Demokrat ist. Diesen Gedanke entwickelt auch Rivera. Er beschuldigt Haya de la Torre nicht, in seinem Programmbrief nicht als Sozialist, sondern als Verteidiger der Demokratie aufzutreten. Rivera akzeptiert diese Position bedingt und versucht – unserer Meinung nach mit vollem Erfolg – zu beweisen, dass Haya de la Torre als inkonsequenter9 Demokrat auftritt. Das ist es, was man beantworten musste.

Haya de la Torre nennt die Vereinigten Staaten „Treuhänderin unserer Freiheit" und verspricht, sich im Falle einer faschistischen Gefahr an diese „Treuhänderin" zu wenden (und Benavides (der peruanische Präsident und Diktator)10 ist keine Gefahr?). Genosse Rivera verurteilte zu Recht diese Idealisierung des nordamerikanischen Imperialismus. Was sagt León dazu? Er keift, bezieht sich unpassend auf Lenin11, zitiert andere Äußerungen von de la Torre, keift von Neuem, erklärt aber nicht, warum es der Führer des Aprismus am Vorabend der Lima-Konferenz für notwendig hielt, anstatt die wirkliche Rolle der Vereinigten Staaten aufzudecken, sie – haargenau12 wie Toledano in Futuro – als philanthropische Glucke darzustellen, die die lateinamerikanischen Küken (unter ihnen auch das zarte Küken Benavides) vor dem überseeischen Geier schützt. Eine solche Färbung der Realität ist 13inakzeptabel aus der Feder eines Demokraten eines unterdrückten Landes.

Bei revolutionären Marxisten kann es praktische Vereinbarungen mit revolutionären Demokraten geben, aber mit revolutionären, d.h. mit solchen, die sich auf Massen und nicht auf hochgestellte14 Glucken stützen. In den Augen von Marxisten ist die APRA natürlich keine sozialistische Organisation, weil sie keine Klassenorganisation des revolutionären Proletariats ist. Die APRA ist eine Organisation der bürgerlichen Demokratie in einem rückständigen halbkolonialen Land. In Bezug auf ihren sozialen Typ, ihre historischen Ziele und weitgehend ihre Ideologie steht sie zwischen den15 russischen Volkstümlern („Sozialrevolutionären") und der chinesischen Kuomintang. Die russischen Volkstümler waren viel reicher an „sozialistischer" Doktrin und „sozialistischer" Phraseologie als die APRA. Das hinderte sie nicht daran, kleinbürgerliche Demokraten zu bleiben16, die sich trotz der Selbstlosigkeit und des Heldentums ihrer besten Kämpfer nicht einmal als fähig erwiesen, demokratische Aufgaben zu erfüllen. Die „Sozialrevolutionäre“ haben ein Agrarprogramm aufgestellt. Aber wie alle kleinbürgerlichen Parteien waren sie Gefangene der liberalen Bourgeoisie, dieser guten „Glucke", und verrieten schließlich die Bauernschaft in der Revolution von 1917. Dieses historische Beispiel darf man nicht vergessen. Ein Demokrat, der Vertrauen in imperialistische „Treuhänder" sät, kann den unterdrückten Völkern nur bittere Enttäuschung bereiten.

Genosse Diego Rivera behauptet in seinen Thesen wie auch im Artikel, dass die vollständige und endgültige Befreiung der unterdrückten Völker nur auf dem Weg des revolutionären Sturzes des Imperialismus erreicht werden kann, und dass diese Aufgabe nur von den Kräften des Weltproletariats im Bündnis mit den Kolonialvölkern erfüllt werden kann. Auf diesen für jeden Marxisten unbestreitbaren Gedanken lässt León einen Strom von Schimpfworten und ein paar ähnliche Argumente herein prasseln. Lassen wir die Schimpfworte beiseite und versuchen wir, den Kern seiner Argumentation herauszuschälen. Das Proletariat der imperialistischen Länder, sagt León, zeigt nicht das geringste Interesse am Kampf der Kolonialvölker, die daher ihre eigene Straße gehen müssen. Das Schicksal der rückständigen Länder in irgendeine Abhängigkeit vom Kampf des Proletariats der fortgeschrittenen Länder zu bringen, bedeutet, zum..... „Defätismus" zu gelangen. (Wir lassen die Sinnlosigkeit dieser Charakteristik beiseite: León versteht weder die Ideen noch die Terminologie des Marxismus.)17 Als Beleg für seine Idee bringt er ein Beispiel: Mexiko enteignete die Ölunternehmen – ist das nicht ein Schritt auf dem Weg zur Befreiung des Landes von der imperialistischen Abhängigkeit? Indessen wurde dieser Schritt ohne jegliche Beteiligung des Proletariats der Vereinigten Staaten oder Großbritanniens18 unternommen. Dieses jüngste Beispiel zeigt nach Ansicht Leóns, dass koloniale und halbkoloniale Länder unabhängig vom Verhalten des internationalen Proletariats eine vollständige Befreiung erreichen können.

In der Tat zeigen all diese Gedankengänge, dass der Publizist19 der APRA das ABC der Frage nicht versteht, die grundlegend für seine Partei ist, nämlich die Beziehung zwischen den imperialistischen und halbkolonialen Ländern. Es ist völlig wahr, dass Mexiko durch die Enteignung der Ölgesellschaften20 einen Schritt zu seiner wirtschaftlichen Unabhängigkeit gemacht hat. Aber León verschließt die Augen vor der Tatsache, dass Mexiko als Verkäufer von Erdölprodukten jetzt – es konnte nicht anders sein – von anderen imperialistischen Ländern abhängig ist. Welche Formen diese neue Abhängigkeit annehmen wird oder annehmen kann, darüber hat die Geschichte noch nicht ihr letztes Wort gesprochen.

Können wir andererseits versichern, dass dieser konkrete Akt – die Enteignung von Ölgesellschaften – endgültig gesichert ist? Leider kann man das nicht versichern. Militärischer und sogar rein ökonomischer Druck von außen kann angesichts einer ungünstigen internationalen Konjunktur21 Mexikos, d.h. weiterer Niederlagen und Rückzüge des Weltproletariats, das Land zu einem Schritt zurück zwingen. Eine solche Möglichkeit abzuleugnen, wäre leere Prahlerei. Sich die Zukunft Mexikos, wie jedes anderen kolonialen oder halbkolonialen Landes, in Form einer ständigen Anhäufung von Reformen und Erfolgen bis hin zur vollständigen und endgültigen Befreiung vorstellen können nur erbärmliche Utopisten. So hatten die Sozialdemokraten, diese klassischen Opportunisten, lange gehofft, dass es ihnen auf dem Weg kontinuierliche Entwicklung friedlicher Reformen gelingen werde, die kapitalistische Gesellschaft umzugestalten und die vollständige Befreiung des Proletariats zu erreichen. In der Tat erwies es sich, dass der Weg der Reform nur bis zu einem gewissen Punkt gültig war, als die herrschende Klasse, nachdem sie die Gefahr gespürt hatte, zum offenen Gegenangriff überging. Der Kampf kann nur durch Revolution oder Konterrevolution gelöst werden. In einer Reihe von kapitalistischen Ländern führte die Anhäufung demokratischer Reformen nicht zum Sozialismus, sondern zum Faschismus, der alle sozialen und politischen Errungenschaften der Vergangenheit eliminierte. Das gleiche dialektische Gesetz gilt auch für den Befreiungskampf unterdrückter Völker. Unter günstigen Bedingungen können sie relativ friedlich gewisse Errungenschaften erreichen, die den Kampf um weitere Selbständigkeit erleichtern. Das bedeutet aber nicht, dass solche Teilerrungenschaften bis zur vollständigen Befreiung ununterbrochen anhalten werden. In Indien bereitet sich der britische Imperialismus nach einer Reihe von zweitrangigen Zugeständnissen jetzt darauf vor, dem nicht nur ein Ende zu setzen, sondern auch das Rad der Reform zurückzudrehen. Indien kann nur ein offener revolutionärer Kampf der indischen Arbeiter und Bauern befreien, Hand in Hand mit dem englischen Proletariat.22

Das ist die eine Seite der Frage. Aber sie hat auch eine andere. Warum ist es der mexikanischen Regierung zumindest für diese Periode gelungen, die Enteignung durchzuführen? Vor allem, dank des Antagonismus zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Es war möglich, keine direkte und aktive britischen Intervention zu befürchten. Aber das war nicht genug. Indem sie die Enteignung durchführte, hielt die mexikanische Regierung auch eine bewaffnete Intervention des nördlichen Nachbarn für unwahrscheinlich. Worauf fußte diese Berechnung? Auf dem aktuellen Kurs des Weißen Hauses: Der „New Deal" in den inneren23 Beziehungen wird von der Politik der „guten Nachbarschaft" in den äußeren Beziehungen begleitet.

León versteht klar nicht, dass die gegenwärtige Politik des Weißen Hauses von der tiefen Krise des amerikanischen Imperialismus und dem Aufkommen radikaler Tendenzen in der Arbeiterklasse bestimmt wird. Ihren klarsten Ausdruck haben diese neuen Tendenzen nach wie vor in der Entstehung des CIO (Committee of the Industrial Organization) gefunden. León beschwert sich, dass der CIO nicht am Schicksal Perus interessiert sei. Das bedeutet wahrscheinlich, dass die Kasse des CIO sich weigert, die APRA zu unterstützen. Wir unsererseits neigen überhaupt nicht dazu, die Augen davor zu verschließen, dass das politische Bewusstsein der CIO-Führer nicht über das Niveau des linken Flügels der konservativen Partei Roosevelt hinausgeht, aber in mancher Hinsicht gegenüber diesem kläglichen Niveau abfällt. Dennoch spiegelt die Tatsache, dass der CIO entstanden ist, eine enorme Veränderung der Gefühle und Gedanken der amerikanischen Arbeiter wider. Der einflussreiche Teil der Bourgeoisie, dessen Vertreter Roosevelt ist, sagt (oder sagte gestern): „Mit den alten Methoden zu herrschen, ist unmöglich; man muss Vereinbarungen treffen, man muss Teilzugeständnisse machen, um das Wesentliche, d.h. das Privateigentum an den Produktionsmitteln zu erhalten.“ Das ist der New Deal. Die gleiche Politik findet bei Roosevelt Verbreitung in den internationalen Beziehungen, insbesondere in den Beziehungen zu Lateinamerika: in Teilfragen nachgeben, um das Wesentliche nicht zu verlieren. Genau diese Politik machte auch die Expropriation des Öls in Mexiko ohne militärische Intervention oder wirtschaftliche Blockade möglich. Anders gesagt wurde der friedliche Schritt zur wirtschaftlichen Emanzipation durch eine aktivere, aggressivere Politik von breiten Kreise des nordamerikanischen Proletariats möglich. Die Sache geht, wie wir sehen, hier nicht darum, ob Lewis und Co „Mitgefühl24“ oder „kein Mitgefühl“ mit der APRA oder dem peruanischen Volk im Allgemeinen haben: Diese Herren sehen nicht weiter als ihre eigene Nase und haben Mitgefühl nur mit sich selbst. Die Sache handelt sich nicht einmal darum, inwieweit die amerikanischen Arbeiter selbst den Zusammenhang zwischen ihrem Befreiungskampf und dem Kampf der unterdrückten Völker verstehen. Egal wie beklagenswert sich die Lage einstweilen verhalten mag, es bleibt ein unbezweifelbares und darüber hinaus äußerst wichtiges Faktum, dass die Verschärfung des Klassenkampfes des Proletariats der Vereinigten Staaten es der mexikanischen Regierung äußerst leicht gemacht hat, die Ölgesellschaften zu enteignen. Diese innere Logik des Klassenkampfes, diese wechselseitige Abhängigkeit von inneren und äußeren Faktoren, versteht León, als typischer Kleinbürger natürlich nicht.

Es wäre natürlich im Kern falsch, aus dem Vorstehenden zu schließen, dass sich die Politik der Vereinigten Staaten weiterhin in die gleiche Richtung entwickeln und den lateinamerikanischen Völkern immer mehr Möglichkeiten für eine friedliche Emanzipation eröffnen werde. Im Gegenteil, man kann im Voraus vorhersehen, dass die Politik des New Deal und der „guten Nachbarschaft", ohne irgendwelche Probleme zu lösen oder jemanden zufrieden zu stellen, nur die Ansprüche und den Offensivgeist des amerikanischen Proletariats und der lateinamerikanischen Völker beflügeln werden. Die Verschärfung des Klassenkampfes brachte den New Deal hervor. Die weitere Verschärfung des Klassenkampfes wird den New Deal töten und innerhalb der Bourgeoisie das Übergewicht extrem reaktionären, offensiven und faschistischen Tendenzen geben. Die Politik der „guten Nachbarschaft" wird unweigerlich, wahrscheinlich in naher Zukunft, von einer Politik der gepanzerten25 Faust abgelöst, die sich zuerst als gegen Mexiko gerichtet erweisen kann. die Augen vor dieser Perspektive verschließen können nur kleinbürgerliche Blinde und26 Phrasendrescher vom Typ Lombardo Toledano oder León. Ein Jahr früher oder später wird die Frage auf Messers Schneide stehen: Wer ist der Herr über diesen Kontinent – die Imperialisten der Vereinigten Staaten oder die werktätigen Massen aller Amerika bewohnenden Völker27? Diese Frage kann ihrem Wesen nach gelöst werden nur durch einen offenen Zusammenstoß der Klassenkräfte, d.h. eine Revolution oder, genauer, 28Revolutionen. An diesen Schlachten gegen den Imperialismus werden teilnehmen auf der einen Seite das Proletariat der Vereinigten Staaten, das diesen Kampf im Namen seiner eigenen Selbsterhaltung führen muss, und auf der anderen Seite die lateinamerikanischen Völker, die indem sie für ihre Befreiung kämpfen, damit29 den Kampf des Proletariats der Vereinigten Staaten unterstützen.

Aus dem Gesagten ist klar, dass wir den lateinamerikanischen Völkern nicht empfehlen, passiv auf die Revolution in den Vereinigten Staaten zu warten, oder dem amerikanischen Proletariat, seine Hände30 bis zum Sieg der lateinamerikanischen Völker zu falten. Wer passiv wartet, wartet vergebens. Der Kampf muss kontinuierlich geführt, weiterentwickelt und vertieft werden, je nach den realen historischen Bedingungen. Aber gleichzeitig ist es notwendig, die wechselseitige Abhängigkeit der beiden Hauptströme des zeitgenössischen Kampfes gegen den Imperialismus klar zu verstehen. Nur durch das Zusammenfließen zu einem bestimmten Zeitpunkt kann man den endgültigen Triumph sichern.

Das bedeutet natürlich nicht, dass Lewis und Green Champions31 einer sozialistischen Föderation des amerikanischen Kontinents werden. Nein, sie werden zweifellos bis zum Ende im Lager des Imperialismus bleiben. Es bedeutet auch nicht, dass das gesamte Proletariat der Vereinigten Staaten lernen wird, in der Befreiung der lateinamerikanischen Völker seine eigene Aufgabe zu sehen. Es bedeutet auch nicht, dass die lateinamerikanischen Völker bis zum Ende die Gemeinsamkeit ihrer Interessen mit denen des nordamerikanischen Proletariats verstehen werden. Aber das Faktum selbst des parallelen Kampf wird eine objektive Union zwischen ihnen bedeuten, vielleicht eine informelle, aber sehr aktive Union. Diese Union wird sich natürlich als umso wirksamer und fruchtbarer erweisen, je früher und besser die Avantgarde des amerikanischen Proletariats – im Norden, im Zentrum und im Süden – die Notwendigkeit der engsten revolutionären Zusammenarbeit im Kampf gegen den gemeinsamen Feind verstehen wird. Diese Verbindung aufzudecken, zu erklären und zu organisieren – darin besteht auch eine der wichtigsten Aufgaben der IV. Internationale.

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Das von uns untersuchte Beispiel zeigt völlig das allgemeine theoretische und politische Niveau des Herrn León. Kaum lohnt es sich, sich nach diesem bei allen seinen übrigen Urteilen aufzuhalten. Wir kennzeichnen nur zwei der wichtigsten.

León schreibt uns den Gedanken zu, dass die UdSSR ein imperialistisches Land sei. Nichts dergleichen gibt es natürlich in Diego Riveras Artikel. Wir sagen nur, dass im Kampf um die Selbsterhaltung32 die sowjetische Bürokratie sich in der letzter Periode33 in eine Agentur34 des „demokratischen" Imperialismus verwandelt hat. Um dessen Sympathie zu gewinnen, ist sie bereit für jeden Verrat in Bezug auf die Arbeiterklasse und die unterdrückten Völker. Das Verhalten der Stalinisten auf dem pazifistischen Kongress in Mexiko (September 1938) wies ihren Verrat an den kolonialen und halbkolonialen Völkern nach. Gerade deshalb standen die linken Apristen in scharfem Opposition zur stalinistischen Mehrheit auf dem Kongress. Ist León damit einverstanden oder ist er nicht einverstanden? Wenn dieser Herr mit wichtiger Miene erklärt, dass (im Unterschied zu uns?) er kein „Feind der UdSSR" sei, können wir nur verächtlich mit den Schultern zucken. Was bedeutet für León die UdSSR? Einen geographischen Begriff oder eine soziale Erscheinung? Wenn er „sowjetische" Gesellschaft meint, muss er verstehen, dass diese Gesellschaft völlig widersprüchlich ist. Man kann kein Freund der Völker der UdSSR sein, ohne ein Feind der „sowjetischen" Bürokratie zu sein. Alle sogenannten „Freunde" des Kremls sind, wie L. D. Trotzki nicht nur einmal nachwies, treulose Feinde des Befreiungskampfes der Arbeiter und Bauern der UdSSR35.

León wirft uns natürlich vor, die Kräfte des republikanischen Spaniens im Kampf gegen den Faschismus zu „spalten". Damit enthüllt er wieder einmal seine reaktionäre Dummheit. Schon von Beginn der spanischen Revolution an, und besonders seit Beginn des offenen36 Bürgerkriegs, wiesen die revolutionären Marxisten nach, dass ein Sieg nur auf der Grundlage eines sozialistischen Programms möglich ist: Man muss den Bauern unverzüglich Land geben, Banken und Trusts expropriieren und die Arbeiter von der kapitalistischen Ausbeutung befreien. Unter diesen Bedingungen wäre die spanische Revolution unbesiegbar. Advokaten und Lakaien der Gutsbesitzer, Bankier, Kapitalisten und Popen37 reagierten darauf: „Brecht nicht die Einheit!“38 Im Namen der „Einheit" der Ausgebeuteten mit den Ausbeutern wurde jede revolutionäre Bewegung von Arbeitern und Bauern gnadenlos unterdrückt. Alle wirklichen Sozialisten und revolutionären Anarchisten39 wurden der Verleumdung, Verbannung40 und Vernichtung ausgeliefert. 41Die Hauptrolle spielte dabei die Stalinsche42 GPU. „Brecht nicht die Einheit" – der Opfer mit den Henkern! Wir sehen jetzt die Ergebnisse dieser tückischen Politik. Die betrogenen Arbeiter und Bauern wendeten den Republikanern den Rücken zu, fielen in Verzweiflung, Apathie und Indifferenz. Das ist es, was den Sieg Francos sicherte. Wer jetzt, nach dem Fall Barcelonas, wiederholt, dass die Trotzkisten die Spaltung des republikanischen Spaniens predigen, zeigt schon dadurch, dass er ein Agent der spanischen Gutsbesitzer, Kapitalisten, Bankiers und Popen ist. Das allein genügt, um uns zu zwingen, den peruanischen Arbeitern offen zu sagen: „Glaubt Subjekten43 wie León nicht: Diese konservativen Kleinbürger verstehen die Logik des Klassenkampfes nicht und sind daher völlig unfähig, euch in eurem Kampf für nationale und soziale Emanzipation zu führen; zu nichts als zu einer Niederlage können sie euch bringen!“

Wir meinen, dass dies ausreicht. Die Schimpfworte und Unterstellungen Leóns sind keine Argumente. Unverschämtheit mildert Unwissenheit nicht. Und Unwissenheit ist kein Werkzeug der Revolution!

" Clave"

1In der englischen und französischen Übersetzung: „Vegas León“

2In der englischen und französischen Übersetzung fehlt der Schluss des Satzes

3In der englischen und französischen Übersetzung: „ein talentierter Maler“

4In der englischen und französischen Übersetzung: „ideologisch verbunden“

5In der französischen Übersetzung offenkundig falsch: „einen Demokraten einem Sozialisten“

6In der englischen und französischen Übersetzung: „Rothaarigen“

7In der englischen und französischen Übersetzung: „des bestehenden Systems“

8In der englischen Übersetzung: „logischer“

9In der englischen Übersetzung: „unlogischer“

10In der englischen und französischen Übersetzung fehlt diese eingeklammerte Ergänzung

11In der englischen und französischen Übersetzung: „führt Zitate von Lenin an“

12Fehlt in der englischen und französischen Übersetzung

13In der englischen Übersetzung eingefügt: „doppelt“

14In der englischen und französischen Übersetzung: „Schutz-“

15In der englischen und französischen Übersetzung: „gehört sie zur selben Klasse/Kategorie wie die“

16In der englischen und französischen Übersetzung eingefügt: „noch schlimmer, rückständige kleinbürgerliche Demokraten“

17In der englischen und französischen Übersetzung statt der eingeklammerten Passage: „Wir wollen die Absurdität dieser Sichtweise nicht untersuchen“

18In der englischen und französischen Übersetzung: „amerikanischen oder englischen Proletariats“

19In der französischen Übersetzung: „Journalist“

20In der englischen und französischen Übersetzung: „Ölinteressen“

21In der englischen und französischen Übersetzung: „Kräfteverhältnisses für“

22 In der englischen und französischen Übersetzung: „Indien kann nur befreit werden durch einen gemeinsamen und offenen revolutionären Kampf der Arbeiter, Bauern und des englischen Proletariats.“

23 In der englischen und französischen Übersetzung: „nationalen“

24 In der englischen und französischen Übersetzung hier und im Folgenden: „Sympathie“

25 In der englischen und französischen Übersetzung: „drohenden“

26 In der französischen Übersetzung fehlt „kleinbürgerliche Blinde und“

27In der englischen Übersetzung hier und im Folgenden: „aller Nationen Amerikas“

28 In der englischen und französischen Übersetzung: „eine Serie von“

29 In der englischen und französischen Übersetzung: „genau aus diesem Grund

30 In der französischen Übersetzung: „Arme“

31 In der englischen und französischen Übersetzung: „herausragende Befürworter“

32 In der englischen und französischen Übersetzung: „Machterhalt“

33 In der englischen und französischen Übersetzung: „Jahre“

34 In der englischen und französischen Übersetzung: „Agenten“

35 In der englischen und französischen Übersetzung: „des von den Arbeitern und Bauern der UdSSR geführten Befreiungskampfes

36 Fehlt in der französischen Übersetzung

37 In der englischen und französischen Übersetzung hier und im Folgenden: „des Klerus“

38 In der englischen und französischen Übersetzung hier und im Folgenden: „Nein, ihr zerstört die Einheit!“

39 In der englischen Übersetzung: „alle wahren revolutionären Sozialisten und Anarchisten“, in der französischen Übersetzung: „alle revolutionären Sozialisten wirklichen Anarchisten“

40 In der englischen und französischen Übersetzung: „Gefängnis“

41 In der englischen und französischen Übersetzung eingefügt: „obendrein“

42 In der englischen Übersetzung: „stalinistische“

43 In der englischen und französischen Übersetzung: „Individuen“

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