Leo Trotzki‎ > ‎1939‎ > ‎

Leo Trotzki 19390109 Brief an Walter Held

Leo Trotzki: Brief an Walter Held

(9. Januar 1939)

[Eigene Rückübersetzung nach der englischen Übersetzung, dort unter dem Titel „What the Youth Do to Our Principles“, Was die Jugend mit unseren Prinzipien macht, verglichen mit der französischen Übersetzung, dort unter dem Titel „Des Désaccords “, Meinungsverschiedenheiten]

Werter Genosse Held:

Ich antworte Ihnen jetzt kurz auf Ihren Brief vom 19. Dezember. Gleichzeitig schreibe ich an die Genossen in den [Vereinigten] Staaten über Ihren Fall. Ich hoffe, dass sie alles tun werden, was sie können.

Hier wird die Situation im Zusammenhang mit den Visa immer schwieriger. Visa für Otto und Julik konnte ich nur als für meine persönlichen Mitarbeiter bekommen, die in meinem Haus wohnen werden und für die ich in jeder Hinsicht verantwortlich bin. Unsere Versuche, Visa für die tschechoslowakischen Genossen, beginnend mit Solze, zu beschaffen, sind nicht sehr hoffnungsvoll.

Die Tür ist zu klein und der Druck aus allen Teilen Europas zu groß.

Ich kann Ihnen in der Jugendfrage nicht zustimmen. Die Auflösung der Jugend in die Erwachsenenorganisation bedeutet das Zurückstoßen und den Verlust der Jugend. Dass die Jugend unsere Prinzipien „verwässert" (oder öfter in eine scharfe Quintessenz verwandelt), ist der wichtigste Grund für die Notwendigkeit einer Jugendorganisation und nicht gegen sie. Es ist die einzige nichtbürokratische Konzeption der Frage.

Auch kann ich Ihnen in der Frage der Krise vom März 1921 in Deutschland nicht folgen. Unsere Haltung zu dieser Frage war absolut klar und kompromisslos1; aber wir haben nicht vergessen, dass wir es nicht nur mit Prinzipien und Ideen zu tun hatten, sondern mit einer lebendigen Massenorganisation, die Zeit für den Übergang von einer Haltung zur anderen braucht. Paul Levi war ein qualifizierter „Literat" und nicht mehr. Dass Sie in seinen Schriften einige glückliche Formulierungen finden, die Sie jetzt als prophetisch interpretieren können, kann meine Wertschätzung seiner Persönlichkeit und seiner Rolle nicht ein Jota nicht ändern. Ich fürchte ein wenig, dass Sie die Frage zu sehr aus literarischer Sicht und nicht genug aus politischer Sicht betrachten.

Ich hoffe, dass Sie, bis dieser Brief Sie erreicht, Vater geworden bist und damit die „Jugend" offiziell verlassen haben. Natalia und ich umarmen Synnøve und Sie herzlich.

Mit besten Genossengrüßen.

Ihr,

Leo Trotzki

1In der französischen Übersetzung „ohne Zweideutigkeit“

Kommentare