Leo Trotzki: Vorbemerkung zu „,Trotzkismus' oder revolutionäre Realpolitik?“ [Nach Unser Wort, Halbmonatszeitung der IKD, 3. Jahrgang, Nr. 9. (61), Anfang September 1935, S. 4] Der Artikel des Genossen Schmidt, des Vorsitzenden der holländischen Partei, ist von größter Bedeutung. Die ehemalige OSP war mit der SAP eng verbunden. Die Führer dieser beiden Organisationen machten uns mehrere Male die gleichen Vorwürfe. Beide Organisationen haben seinerzeit mit uns die Vierererklärung unterschrieben. Weiter aber ging ihre Entwicklung in verschiedenen Richtungen. Die OSP bricht nach der Erschütterung im Zusammenhang mit den Jordaanerereignissen endgültig mit den Spießern und Feiglingen der Clique de Kadt. Sie verschmilzt mit unserer holländischen Sektion, um den Kampf für die Vierte Internationale erst recht aufzunehmen. Die SAP verleugnet ihre Unterschrift und richtet ihre Tätigkeit feindlich gegen links, insbesondere gegen die Aufbauarbeit an der Vierten Internationale, Das Wichtigste darüber ist im Artikel über zentristische Alchimie gesagt. Der Artikel schließt mit der Behauptung, die Arbeit für die Vierte Internationale werde ohne die SAP und gegen die SAP geführt werden müssen. Merkwürdigerweise wird jetzt diese Voraussage, die ein Werturteil über die SAP in sich schließt, von dieser zum Vorwand genommen, um gegen die Vierte Internationale zu arbeiten. Die Unsinnigkeit dieses „Arguments" ist übrigens vom Genossen Schmidt zur Genüge beleuchtet. Die Tatsachen und Dokumente, von Genossen Adolphe in einem kurzen Dokument zusammengefasst, beweisen zur Genüge, dass die LKI im Laufe von zwei Jahren der SAP gegenüber die größte Ausdauer und das größte Entgegenkommen bewiesen hat, d. h. auch größte Nachsteht ihren zentristischen Schwächen gegenüber, um die Möglichkeit der weiteren Zusammenarbeit nicht zu verrammeln. Mehrere Male in diesen zwei Jahren hat zum Beispiel Bauer mich persönlich durch Briefe aufgefordert, mit den unverbesserlichen Zentristen und Philistern aus der SAP endlich zu brechen. Trotz unserer Geduld und wirklich übertriebenen Nachsicht der zentristischen Empfindlichkeit gegenüber, wurden wir später von dem einen oder anderen ungenügender Elastizität der SAP gegenüber angeklagt. Wir hörten solche Einwände manchmal auch von Seiten der OSP-Genossen. Daher ist der Artikel Schmidts von höchst demonstrativem Wert. Er beweist, dass man beim besten Willen zur Zusammenarbeit, wenn man revolutionäre Prinzipien hat, mit der SAP oder wenigstens ihrer jetzigen Leitung nicht zusammengehen kann. Die SAP verschont, wie bekannt, ihre Verbündete auf der Rechten von jeder Kritik. Sie bildet für sie einen Schutzwall gegen links. Im Moment aber, wo die RSAP einen entschiedenen praktischen Schritt zur Vierten Internationale macht, eröffnet die SAP nicht nur eine heftige Kritik gegen die Leitung dieser Organisation, sondern entfesselt innerhalb der „Bruderpartei" die Fraktionsarbeit, um sie von der Vierten Internationale loszureißen. Wir sehen hier neuerdings die Bekräftigung unserer Analyse: die SAP kämpft nur gegen links, auf der Rechten kennt sie nur Anpassung, Sir dokumentiert damit unzweideutigster Weise ihren rechtsgerichteten, konservativ-zentristischen Charakter. Den Wichtigsten Bestandteil des ohnehin wichtigen Artikels des Genossen Schmidt bildet die Charakteristik der Tätigkeit oder genauer gesagt der Untätigkeit der IAG. Genosse Schmidt ist kein „böser Trotzkist" und vergifteter Gegner dieser Organisation, im Gegenteil, er gehört zu ihren Mitbegründern und ist noch heute ihr Generalsekretär. Er führt aber den Nachweis, dass diese Arbeitsgemeinschaft keine Gemeinschaft ist und daher keine Arbeit leistet. Das haben wir vorausgesehen und vorausgesagt. Mit Fiktionen kann man aber der Arbeiterklasse nicht dienen. Ganz im Gegenteil, Fiktionen muss man wegfegen, um den Weg zur wirklichen Internationale freizumachen. „Schade um die Kräfte, die für die Diskussion mit der SAP aufgewandt werden", wird ein gutmütiger Versöhnler sagen. Wir haben darüber eine entgegengesetzte Meinung. Der Kampf gegen die SAP, d. h. gegen ihre Verschwommenheit. gegen ihren Vulgärpazifismus, gegen die Zweideutigkeit ihrer Formeln und ihrer Handlungen ist eine wichtige Vorschule für alle Richtungen und Organisationen, die zur Vierten Internationale hinstreben. Wir sind sicher, dass die RSAP in ihrem Kampfe gegen die SAP nur gewinnen kann an Klarheit, an Geschlossenheit und an Kampffähigkeit. Mehr noch, dieser Kampf wird auch den entwicklungsfähigen Elementen in der SAP zugute kommen. Was uns betrifft, so werden die feindseligen, manchmal auch verleumderischen Schriften der SAP-Leute gegen uns keinesfalls verhindern, dass wir mit dem revolutionären Flügel dieser Partei, wenn er wirklich zur politischen Geltung kommt, den gemeinsamen Kampf für die Vierte Internationale führen. Genosse Schmidt äußert sich kritisch der LKI gegenüber. Seine Kritik bezieht sich, wie er selber angibt, auf taktisch-organisatorische, nicht auf prinzipielle Fragen. Wir wollen auf seine flüchtigen Bemerkungen, die wir für irrtümlich halten, hier nicht eingehen. Jedenfalls betrachten wir unsere Organisation nur als einen der Bestandteile der aufzubauenden Vierten Internationale, und wenn wir auch für unsere Ideen mit einer gewissen Energie einstehen, so sind wir andererseits bereit, auch von unseren Bundesgenossen fleißig zu lernen. Und die ganze Geschichte der Arbeiterbewegung zeigt, dass nur derjenige zu lernen fähig ist, der auf seine eigenen Ideen Wert lest. 11. August 1935. L. Trotzki. |
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