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Leo Trotzki 19340319 Die unbefriedigenden Ergebnisse auf der Jugendkonferenz

Leo Trotzki: Die unbefriedigenden Ergebnisse auf der Jugendkonferenz

[eigene Rückübersetzung nach Writings of Leon Trotsky: Supplement (1929-33), S. 465-467]

Die Resolution macht einen äußerst unbefriedigenden Eindruck. Der ganze Text beruht auf halbfertigen Punkten, Doppeldeutigkeiten, radikal klingenden Phrasen und Ausweichen vor den Konsequenzen. Martows Dokumente in Zimmerwald und Kienthal waren viel radikaler. In einem Wort — das Dokument ist durch und durch zentristisch.

Hier werde ich nur ein paar Punkte betonen, wo unsere Delegation sich als unzuverlässig versöhnlerisch erwies.

1. Angefangen mit dem Titel, der lautet „Konferenz von revolutionären sozialistischen Jugendorganisationen“ Aber wir sind Kommunisten, keine Sozialisten. Warum wurde unser Name nicht in den Titel aufgenommen „…sozialistischer und kommunistischer Jugendorganisationen“? Haben unsere Delegierten das gefordert? Oder haben sie diesen „kleine Detail“ einfach übersehen? Zumindest in den Vorbereitungsstadien besteht Politik aus solchen Details.

2. Die Frage des Zentrismus wird völlig ignoriert. Nur einmal, im Paragraph VII (Seite 4) finden wir den Zentrismus zwischen Reformismus und Stalinismus genannt. So wird das Wort nur als legalistisches Alibi verwendet. Es gibt nicht ein Wort dahingehend, dass nicht nur die verschiedenen unabhängigen Organisationen, sondern auch diejenigen der Zweiten Internationale den Zentrismus in allen seinen Farben widerspiegeln und dass daher der Aufbau der Vierten Internationale von der Befreiung der Jugend der Arbeiterklasse von der zentristischen Verwirrung abhängt. Einer der Briefe an Glotzer war dieser ganz wichtigen Frage gewidmet und soweit ich informiert wurde, fand das IS diesen Brief richtig. Aber in dem Dokument findet man keine Spur dieser Idee. Die „scharfe“, „unversöhnliche“ Kritik des Stalinismus und Reformismus dient tatsächlich nur als Deckmantel für die Tolerierung des Zentrismus. Und unsere Delegation ist auch in diesen Irrtum verfallen.

Ich finde die Endversion des Textes bezüglich der Vierten Internationale nicht. Die ursprüngliche Version ist glitschig. Denn „über die Zweite und Dritte Internationale“ hinausgehen mit dem Ziel der „Schaffung proletarischer Einheit“ klingt nicht nur wie Tranmæl, sondern auch wie Louis Sellier, der, nebenbei, in den Debatten der [französischen Parlaments-]Untersuchungskommission als ein Kandidat für eine halb faschistische Regierung vorkommt. Über beide Internationalen „hinausgehen“ ist Tranmæls betrügerische Formulierung: „Ich will keine Vierte Internationale, es hat schon zu viele gegeben.“ Diese Formulierung ist klassischer Menschewismus. Jahr für Jahr, besonders während dem imperialistischen Krieg, führte Lenin einen Kampf gegen die Philosophie des „Hinausgehens über“ [die Zweite Internationale], die von Revisionisten, Opportunisten, Chauvinisten vorgebracht wurde usw. usf. In Lenins Schriften wird das Wort immer in Anführungszeichen gebracht als symbolisches Wort, das für ein ganzes Programm steht. Alles, was Walchers Leute schreiben, ist unwissentliches Plagiat von Martow.

4. Es stimmt, dass nach der Abreise von F Moe die SAP gnädig die Formulierung der neuen Internationale akzeptierte, aber nur in Verbindung mit dem „Hinausgehen über“. Wir können unter keinen Umständen damit einverstanden sein. Es ist nicht einfach eine Frage einer neuen Internationale; die Zweieinhalbte Internationale wäre auch eine neue Internationale, genauso eine Vereinigung der Zweiten und Dritten. Für uns geht es um etwas ziemlich anderes — die Vierte Internationale muss im unversöhnlichen Kampf gegen die zwei bestehenden Internationalen und gegen zentristische Tendenzen im allgemeinen aufgebaut werden. Die kleinsten Zugeständnisse an das zu machen ist ein Verrat und ein Verbrechen. Walcher kämpft nicht um die Ausdrucksweise. Er braucht eine elastische Formulierung, um seine zentristischen Waren einzuschmuggeln, und das ist genau das, was wir nicht erlauben können.

Ein Vorschlag: Wir können dieses Dokument (mit Einschränkungen, d.h. mit einer besonderen offiziellen Erklärung) nur zustimmen, wenn

1. der Titel geändert wird;

2. „Hinausgehen über die Zweite und Dritte Internationale“ entfernt und/oder ersetzt wird durch die Befreiung der Arbeiter von der Zweiten und Dritten Internationale durch unversöhnlichen Kampf gegen alle opportunistischen und zentristischen Strömungen; und

3. das gestellte Ziel die Schaffung der Vierten (und nicht der neuen) Internationale ist.

Diese drei Punkte müssen als absolutes Ultimatum vorgebracht werden und wir können keinen Zoll nachgeben. Ein offener Bruch wäre tausend Mal besser als bewusste Irreführung als Kernstück der Jugendinternationale.

Wir müssen auch fordern, nicht als Ultimatum, aber als sehr wichtig, dass ein Satz hinzugefügt wird, wo die Rolle der österreichischen Sozialdemokratie diskutiert wird, darauf hinauslaufend, dass die Norwegische Arbeiterpartei den Fußstapfen des Austromarxismus folgt und eine ähnliche Katastrophe für das norwegische Proletariat vorbereitet.

Wenn die drei Punkte oben von der SAP angenommen werden, werden wir das Dokument unterschreiben. Aber wir werden eine schriftliche Erklärung machen, in der wir sagen, dass weder die Jugend noch wir selbst die kleinste Verantwortung für das zerstörerische London-Amsterdamer Büro übernehmen, das jetzt zu nichts mehr als zum Feigenblatt für Tranmæl dient, dessen Politik einfach eine Neuauflage des Austromarxismus ist etc.

PS: Wenn unsere jungen Delegierten das Gefühl haben, dass sie „zurückgewiesen“ werden, ist das nur teilweise wahr. Das IS ist nicht nur zur Bestätigung seiner Delegierten, sondern auch zu ihrer Zurückweisung da. Bei vielen unserer Genossen bemerkt man das Folgende: sie verstehen sehr gut, wie man die Psychologie und Methoden der zentristischen Bonzen erklärt und lächerlich macht, aber nicht, wie man sie im praktischen Feld bekämpft.

Zur organisatorischen Frage: So weit es das dreiköpfige Sekretariat angeht, müssen wir momentan auf die offizielle Haltung der schwedischen Jugend warten, bevor wir uns selbst verpflichten. Ein einzelner Genosse in Schweden, wo wir keine Organisation haben, ist keine ausreichende Sicherheit für die Konsequenz unserer politischen Linie im künftigen Sekretariat. Zumindest muss eine prinzipielle Basis durch Klarstellung geschaffen werden: a) die Korrektur der Dokumente; b) die Haltung der Schweden.

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