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Leo Trotzki 19310615 Vorwort zur tschechischen Ausgabe der „Spanischen Revolution“

Leo Trotzki: Vorwort zur tschechischen Ausgabe

der „Spanischen Revolution“

[Eigene Übersetzung des russischen Textes]

Wenn diese Seiten in tschechischer Sprache im Druck erscheinen werden, werden die Ereignisse in Spanien erneut weitergehen. Nicht umsonst wurde gesagt, dass Revolutionen Lokomotiven der Geschichte sind. Aber egal wie schnell sich die Ereignisse der Revolution entfalten, sie befolgen ihre innere Gesetzmäßigkeit: nicht einmal der Niagara verletzt die Gesetze der Hydrodynamik. Um die neuen Etappen der Revolution zu verstehen, muss man sich Rechenschaft bezüglich ihrer treibenden Kräfte und ihres Orbits ablegen. Dieser Frage ist auch das vorliegende Büchlein gewidmet.

Es besteht aus vier Teilen, die durch unbedeutende Zeitabstände voneinander getrennt sind, aber zusammen ein Ganzes bilden.

Der erste Teil wurde drei Monate vor dem Sturz der spanischen Monarchie geschrieben. Die „Zehn Gebote der spanischen Kommunisten“ wurden am Tag des Eintreffens der Mitteilung darüber entworfen, dass Alphons Bourbon von den liebenswürdigen Republiken und Monarchien Europas alle erforderlichen Visa erhielt. Der dritte, den inneren Gefahren, die die Revolution bedrohen, gewidmetе Teil, wurde in der allerletzten Zeit (28 Mai) geschrieben. Schließlich gebe ich im Anhang jene Echos auf die spanischen Ereignisse, welche im Verlauf des letzten Jahres ihren Ausdruck im politischen Briefwechsel des Autors fanden.

Bereits diese Zusammensetzung der Broschüre zeigt, dass der Leser vor sich keine vollendete Arbeit hat. Ja, sie kann das auch nicht sein, in dem Maße wie wir keine vollendete Revolution vor uns haben. Die Ereignisse entwickeln sich erst. Den Hauptinhalt der Broschüre bilden deshalb Fragen der Prognose. Der Gang von Entwicklungen fällt, das stimmt, niemals mit der theoretischen Voraussicht zusammen: die Ereignisse sind reicher, vielfältiger, „großzügiger“ als theoretische Schemata und rufen in ihren Verbindungen immer „Überraschung“ hervor. Aber die historische Prognose rechtfertigt sich in dem Maße, indem sie dem Zuschauer oder Teilnehmer die Orientierung darin erleichtert, was sich vor seinen Augen oder mit seiner Beteiligung ereignet.

Die Broschüre ist aus dem Blickwinkel jener Strömung geschrieben, die der Autor im Marxismus vertritt (die internationale Fraktion der Bolschewiki-Leninisten oder linke kommunistische Opposition). Der Autor stellt seine Einschätzung der treibenden Kräfte der Revolution und seine Prognose nicht nur der Sicht des Liberalismus und der Sozialdemokratie gegenüber, sondern auch der Sicht der derzeitigen Führung der Kommunistischen Internationale.

Der Autor will hoffen, dass seine Arbeit für tschechische Leser nicht überflüssig sein wird, welchen unter dem Anschein des Marxismus nicht selten ungeheure Ansichten überreicht werden, mit welchen ein ungebildetes Philistertum mit Hilfe schreiender Schimpfwörter innere Leere und Unsicherheit in sich zu verdecken versucht.

Ein Leser, welcher lernen will, muss die kämpfenden Sichtweisen auf die Ereignisse überprüfen. Hilfe in dieser Beziehung für nachdenkliche Leser – dies ist die Aufgabe dieses Büchleins.

L. Trotzki

15 Juni 1931

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