Leo Trotzki: Brief an Alfonso Leonetti 11. Februar 1931 [eigene Übersetzung nach der englischen Übersetzung in Writings of Leon Trotsky, Vol. 13. Supplement (1929-1933), New York 1979, S. 63 f., Titel: „You Should Help the New Leadership”, „Sie sollten der neuen Führung helfen"] Werter Genosse, Ich habe Ihren Brief vom 5. Februar erhalten, der die lange Lücke in unserer Korrespondenz erklärt. „Der Vorfall ist abgeschlossen." Ich sehe keinen Sinn darin, die Diskussion über den persönlichen Charakter der verschiedenen in Frage stehenden Genossen neu zu eröffnen. Ich glaube, ich kenne sie durch meine Gespräche mit ihnen, durch ihre Briefe, ihre Handlungen und auch ein wenig durch die Konfrontation in Prinkipo gut genug. Nun teile ich in keiner Weise die Meinung des Genossen Rosmer über den Genossen M. Im Übrigen verweise ich noch einmal auf meine Korrespondenz mit Naville, die auch ein wenig diese Frage berührt. Persönliche Fragen stehen jetzt nicht zur Debatte. Es gibt eine Gourget-Gruppe, die de jure kommunistisch, aber de facto syndikalistisch ist. Ihre Position ist unvereinbar mit der unseren. Wenn ich keine Spaltung vorschlage, dann deshalb, weil ich hoffe, dass die Diskussion und die Erfahrungen diese Genossen, die ich für ehrlich halte, beeinflussen werden. Diese „abwartende", geduldige und „liberale" Politik ist nur möglich, weil diese Genossen in der Minderheit sind. Stellen Sie sich vor, sie wären in der Mehrheit; dann würde eine sofortige Spaltung notwendig werden. Sie werden verstehen, dass ich nicht einen einzigen Tag mit einer von Halbsyndikalisten geführten Vérité zusammenarbeiten würde. Mit der Naville-Gruppe ist die Situation anders. Aber mein Eindruck ist, dass die Naville-Gruppe, anstatt die neue Führung gegen die Gourget-Gruppe zu unterstützen, stattdessen Gourget gegen die neue Führung unterstützt. Dieser faktische, prinzipienlose Block führt direkt zu einer Spaltung. Niemand könnte etwas aus einer Krise lernen, in der Naville zwar meine Thesen „anerkennt", aber Gourget unterstützt, gegen den diese Thesen unversöhnlich gerichtet sind. Die Naville-Gruppe ist nun ein Element der unerträglichen Verwirrung und auf dem Weg, sich endgültig zu kompromittieren. Wo ist der Ausweg? Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder eine Koalition der Molinier-Gruppe mit der Naville-Gruppe oder, wenn Naville nicht akzeptieren kann, in der Minderheit zu bleiben, die jetzige Führung. Welche dieser beiden Möglichkeiten ist vorzuziehen? Aus meiner Sicht die erste. Aber das setzt eine loyale Zusammenarbeit von Seiten Navilles voraus. Und unter diesem Gesichtspunkt bin ich aus Erfahrung sehr unruhig. Wenn Sie sich daran machen, die loyale Zusammenarbeit der Molinier-Gruppe mit der Naville-Gruppe (auch in den Führungsgremien der Liga) zu fördern, werde ich Ihnen sehr gerne helfen. Leider scheint es mir, dass Sie noch kein festes Ziel haben. Sie versuchen, alle ihre Fehler, ihre Versäumnisse, ja sogar die unglücklichen Formulierungen der neuen Redakteure festzustellen, anstatt ihnen Ihre Hilfe und Ihre Erfahrung zu geben. Wie zu erwarten war, hat Ihr Artikel, der sich den Angriffen von Gourget und Naville hinzugesellte und sie verteidigt, eine heftige Reaktion hervorgerufen. Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit den jetzigen Redakteuren mit nur einem Zehntel des Aufwands, den ich für die Korrektur der Linie der Naville-Gruppe aufgewendet habe, gute Ergebnisse erzielen können. Aber ich wiederhole: Sobald Sie sich für die Zusammenarbeit der Mehrheit mit der Naville-Minderheit einsetzen, bin ich voll und ganz auf Ihrer Seite, ohne Ihre persönlichen Einschätzungen zu teilen, was keineswegs notwendig sind, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Eine kleine Anmerkung: Sie sprechen von einigen Briefen zur Wendung, die der Liga hätten mitgeteilt werden sollen, und ebenso von meinen „Beobachtungen zur Gewerkschaftspolitik." Ich weiß nicht, welche Briefe Sie meinen. Der von Le Pape und anderen unterzeichnete kollektive Brief, ein sehr unglücklicher Brief, erschien in L'Avant-Garde. Was meine „Beobachtungen zur Gewerkschaftspolitik" betrifft, so habe ich sie an die Genossen Rosmer, Naville und Gourget geschickt. Ich hielt es für notwendig, sie den Mitgliedern der Liga erst später mitzuteilen, um nicht eine überflüssige Diskussion zu provozieren, ohne versucht zu haben, die Angelegenheit privat zu regeln. Ich wiederhole nun: Es gibt nur zwei Führungen, denen ich meine Unterstützung geben könnte. Die, die jetzt besteht, oder, noch besser, die gleiche plus die Vertreter der Naville-Gruppe. Das ist natürlich nicht für alle Ewigkeit so, sondern für die Gegenwart und die unmittelbare Zukunft. Mit freundlichen Grüßen, L. Trotzki Ich sende eine Kopie der die politischen Fragen betreffenden Passagen dem [französischen] Exekutivkomitee. L.T. |
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