Leo Trotzki: Berenguers Rücktritt 15. Februar 1931 [eigene Übersetzung nach dem englischen Text in The Spanish Revolution (1931-39). New York 1973, S. 91 f.] Ich erinnere mich, dass ich Ihnen als „Spekulation" schrieb, wie gut es gewesen wäre, wenn der Boykott die Monarchie auf die Knie gezwungen hätte, oder zumindest auf ein Knie. Nun ist dies eine vollendete Tatsache. Die unmittelbare politische Bedeutung des Rücktritts Berenguers ist an und für sich nicht groß, aber seine symptomatische Bedeutung ist gewaltig. Die Ohnmacht der Monarchie, die Degeneration der herrschenden Cliquen, ihr Mangel an Selbstvertrauen, die Angst, die Angst, die Angst vor dem Volk, vor der Revolution, vor dem Morgen, ihre Versuche, durch extreme Zugeständnisse den schrecklichsten Folgen zuvorzukommen: das alles zeigt sich im Rücktritt Berenguers und der Halbkapitulation des Königs. Erstaunlich! Wahrlich wunderbar! Etwas Besseres könnte man sich nicht vorstellen! Die abergläubische Ehrfurcht vor der Macht im Bewusstsein des Volkes wird durch all dies unerbittlich untergraben. Eine Welle der Befriedigung, der Zuversicht, des Mutes wird durch Millionen von Herzen gehen, sie erwärmen, beflügeln, anspornen. Die allgemeine revolutionäre Lage, in der die proletarische Partei handeln muss, ist jetzt außerordentlich günstig Die ganze Frage liegt jetzt bei der Partei selbst. Leider waren die Kommunisten nicht die Sterne im Auftreten der Boykotteure. Deshalb haben sie in der Kampagne der letzten zwei oder drei Monate keine wichtigen Siege errungen. In Zeiten stürmischen revolutionären Flusses wächst die Autorität der Partei schnell, fieberhaft – wenn in entscheidenden Wendungen, in neuen Etappen, die Partei sofort die notwendige Losung verkündet, deren Richtigkeit bald von den Ereignissen bestätigt wird. ... Im Laufe der letzten Wochen und Monate hat man sich Chancen entgehen lassen. Aber es nützt nichts, jetzt zurückzublicken. Wir müssen nach vorn schauen. Die Revolution beginnt erst. Wir können das Hundertfache von dem zurückgewinnen, was wir uns haben entgehen lassen. Das konstitutionell-parlamentarische Problem wird zum Zentrum des offiziellen politischen Lebens. Wir können dem gegenüber keine nonchalante Haltung einnehmen. Die Losung der revolutionären konstituierenden Cortes muss meiner Meinung nach jetzt mit doppelter Kraft vorgetragen werden. Wir dürfen nicht davor zurückschrecken, eindeutig demokratische Formulierungen zu verwenden. Zum Beispiel: allgemeines Wahlrecht ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, ab dem achtzehnten Lebensjahr, ohne Einschränkungen. Achtzehn Jahre sind für Spanien, ein südliches Land, vielleicht sogar zu alt. Wir sollten alles auf die Jugend setzen. … ... Die Frage der Einheitsfront aller kommunistischen Fraktionen, einschließlich der offiziellen Partei, wird unweigerlich auf die Tagesordnung kommen. Die Massen werden in den kommenden Wochen und Monaten das starke Bedürfnis nach einer einheitlichen und ernsthaften revolutionären Führung spüren. Gezänk unter den Kommunisten wird die Massen irritieren. Sie werden die Einheit erzwingen – nicht für immer, denn die Ereignisse können die verschiedenen Fraktionen wieder in verschiedene Richtungen schleudern. Aber für die kommende Periode scheint mir die Annäherung der kommunistischen Fraktionen absolut unvermeidlich. Auch hier, wie in der Frage des Boykotts, wie auch in jeder anderen lebendigen politischen Frage, wird diejenige Fraktion gewinnen, die die Initiative zur Vereinigung der kommunistischen Reihen ergreift. Die kommunistische Linke muss sich selbst vereinigen und organisieren, um die Initiative ergreifen zu können. Es ist notwendig, sofort eine gut organisierte Fraktion der Linken Opposition zu schaffen, egal wie klein sie am Anfang auch sein mag, die ihr eigenes Bulletin und ihr eigenes theoretisches Organ herausgibt. Das schließt natürlich die Beteiligung der linken Kommunisten an breiteren Organisationen nicht aus, im Gegenteil, es setzt sie voraus, aber gleichzeitig ist die Organisierung der Linken Opposition die unabdingbare Voraussetzung für diese Beteiligung. |
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