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Leo Trotzki 19310300 Anwachsen des Lakaientums

Leo Trotzki: Anwachsen des Lakaientums

[eigene Übersetzung nach dem russischen Text im Bulletin der Opposition, verglichen mit der englischen Übersetzung]

In der „Prawda“ vom 28. Dezember des abgelaufenen Jahres wurde ein kollektiver Artikel abgedruckt – ein riesiges, dem – was hätten Sie gedacht? – „Jahrestag der Rede des Genossen Stalin auf der ersten Konferenz marxistischer Agrarier“ gewidmetes Feuilleton. Das Feuilleton, wie auch ein ihm vorausgehender Artikel desselben Typs eines gewissen Borilin, stellt sich als wenn nicht beeindruckendes, dann auf alle Fälle niederträchtiges Dokument von akademischem Karrierismus dar, eine „Plattform“ von Leutchen, welche die skandalöse Rede Stalins auf der Konferenz der marxistischen Agrarier in eine Deckung für eigenen Klatsch, Denunziationen, Ränke und Begierden verwandeln.

Die Rede Stalins unterzogen wir seinerzeit einer ausführlichen Kritik im „Bulletin“ („Stalin als Theoretiker“, Nr. 14, S. 24). Wir zeigten, dass diese Rede sich vom ersten bis zum letzten Wort als Anhäufung elementarer Fehler darstellt. Wenn man Stalin und dessen „theoretisches“ Niveau nicht kennen würde, hätte man davon ausgehen können, dass die Rede eine grobe Fälschung wäre. Larin, Krizman, sogar Miljutin – Leute, die vollauf ihrem Vorgesetzten gleichen – sagten, dass sie die theoretischen Offenbarungen Stalins nicht vollständig erfassen würden. Die Zeitschrift „An der Agrarfront“ musste behutsam eine Reihe scharfer Fragen der Agrartheorie nur deshalb umgehen, weil Stalin auf diese Fragen mit seinem linken Stiefel getrampelt war. Und hier witterten die jungen roten Professoren diese Behutsamkeit. Sie verstanden ohne Mühe, dass ihr Spiel risikolos war: sie mussten eine Hetzjagd gegen Krizman und gegen Miljutin – gelehrte Akademiker von Allgemeinplätzen – beginnen und sie der tödlichen Sünde anklagen: der Diskrepanz mit den Offenbarungen Stalins oder ihrer unzureichend begeisterten Annahme. Zuzustimmen ist Krizman und Miljutin unmöglich, weil sie immerhin die ersten Buchstaben des ökonomischen Alphabets kennen. Aber auch schweigen darf man nicht. So konnten die jungen Akademiker auf dem Weg eines offenen und im Voraus sicheren Angriffs gelangen … zur theoretischen Wahrheit? – nein, aber in die Zeitschrift „An der Agrarfront“ und in eine Reihe anderer Institutionen obendrein.

Aber weil sozialistisches Schaffen vom Geist des Kollektivmus durchdrungen sein muss, darum verliehen die Sucher einer Prämie ihrer Klatschе einen streng kollektiven Charakter. Hier sind die Unterschriften unter den Artikel: D. Lurie, Ja. Nikulichin, K. Soms, D. Dawidow, I. Laptew, Nesnamow, W. Djatlow, M. Moisejew, N. N. Anisimow. Wir schrieben diese Namen nicht deshalb auf, weil sie uns bekannt wären; umgekehrt, sie sind uns vollkommen unbekannt. Aber wir zweifeln nicht, dass sie so oder so bekannt werden werden. Tatsächlich war der Name Besedowskis gleichfalls nicht bekannt, solange dessen Träger nicht über den Zaun sprang. Ob diese Herren über einen Zaun springen werden und gerade über welchen – wird die Zukunft zeigen. Aber es ist vollkommen klar, dass wir vor uns in ihren Personen ein akademisches Kollektiv einer breit verzweigten Fraktion von Lakaien haben.

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