Leo Trotzki ua: Erinnerungen an den Oktoberaufstand (7. November 1920)1 [„Proletarskaja Rewoluzija" Nr. 10, 1922, S. 52-64. Eigene Übersetzung nach Л. Троцкий. Сочинения. Том 3, часть 2. Москва-Ленинград, 1925, verglichen mit der gekürzten englischen Übersetzung in „New International“, 1938] Trotzki: Ich beginne meine Erinnerungen mit der Sitzung der Soldatensektion.2 (Ich erinnere mich nicht genau, was es war, das Präsidium der Soldatensektion oder das Exekutivkomitee des Petersburger Sowjets.) Bei diesem Treffen wurde berichtet, dass der Bezirksstab den Abtransport von etwa ⅓ der Regimenter der Petrograder Garnison an die Front forderte. Es war anscheinend das Treffen des Exekutivkomitees; dort war der linke Sozialrevolutionär Verba, und von unseren Leuten waren Mechonoschin, Sadowski da. Sobald diese Forderung mitgeteilt wurde, begannen wir untereinander zu flüstern, dass es darum gehe, die revolutionärsten bolschewistischen Regimenter zu entfernen. Die Aufgabe bestand darin, diese Absicht auf jede erdenkliche Weise zu verwerten, da die Frage des bewaffneten Aufstandes bereits zu dieser Zeit geklärt worden war. Wir erklärten, dass wir uns bereit erklären, dies zu tun, wenn es durch militärische Bedürfnisse verursacht werde, aber dass wir zuerst prüfen müssen, ob es sich hier um eine Kornilowiade handle. Und man beschloss, die Forderung nach der Schaffung eines solchen Organs zu stellen, das auf der militärischen Seite überprüfen würde, ob es wirklich durch militärische Erwägungen verursacht werde oder ob es sich um einen politischen Befehl handele. Die Soldatensektion war das politische Organ der Garnison und war nicht daran angepasst. Für diese Überprüfung organisierten wir sozusagen einen Gegenstab, eine rein militärische Institution. Danach fragten uns die Menschewiki, ob wir mit dieser Organisation nicht mit dem Stab des Petersburger Bezirks brechen würden. Wir antworteten: Nein, unser Vertreter ist dort geblieben. Bei diesem Treffen war der linke Sozialrevolutionär Lasimir (er starb später an der Südfront Russlands), ein junger Genosse, der für den Quartiermeister der alten Armee arbeitete. Er war einer jener linken Sozialrevolutionäre, die uns sofort folgten. Bei diesem Treffen unterstützte er uns, und wir packten ihn. So kam die Forderung nach der Schaffung des Militärischen Revolutionskomitees nicht von uns, sondern von den Linken Sozialrevolutionären. Die älteren Menschewiki, die in politischen Angelegenheiten erfahrener waren, begannen zu sagen, dass dies nichts anderes als die Organisation eines militärischen Aufstands sei. Einer der prominenten alten Menschewiki, ein ehemaliges Mitglied ihres Zentralkomitees3 war sofort zur Stelle; er hat uns in diesem Moment besonders entlarvt. Im Allgemeinen schlugen wir vor, dass Lasimir ein Projekt eines militärischen Revolutionskomitees entwarf, wozu er sich verpflichtete. Ob er wusste, dass es eine Verschwörung war oder ob er nur die formlose revolutionäre Stimmung des linken Flügels der Sozialrevolutionäre ausdrückte, weiß ich nicht. Letzteres ist wahrscheinlicher. Jedenfalls übernahm er diese Arbeit, während die anderen linken Sozialrevolutionäre argwöhnten, ihn aber offenbar nicht störten. Als er sein Projekt präsentierte, bogen wir es gerade, verhüllten auf jede erdenkliche Weise den revolutionär-aufständischen Charakter dieses Vorschlags. Am nächsten Tag wurde dieses Projekt dem Petersburger Sowjet vorgelegt und es wurde angenommen. Die Frage der Gründung des Militärischen Revolutionskomitees wurde von der Militärorganisation der Bolschewiki vorgebracht. Im September 1917, als die Militärorganisation das Thema eines bewaffneten Aufstandes erörterte, kam sie zu dem Schluss, dass es notwendig war, eine überparteiliche „sowjetische" Stelle zur Leitung des Aufstands zu schaffen. Genosse Lenin wurde über diese Entscheidung informiert. Der Moment für uns war äußerst günstig. Als danach eine Sitzung des Zentralkomitees stattfand (ich habe fälschlicherweise oben gesagt, dass der Tag des Aufstandes bereits im Zentralkomitee beschlossen worden war; dass es einen Aufstand geben würde, war für jeden klar, aber die Diskussion über die Frage des Aufstands war nach der Gründung des Militärischen Revolutionskomitees4) in der Wohnung eines der Rachja oder in einer Wohnung statt, die der Genosse Rachja für eine Sitzung des Zentralkomitees bestimmt hatte. Ich erinnere mich, dass M. I. Kalinin auch anwesend war. Wir haben die Frage im Zentralkomitee erörtert und sind aufgrund der Tatsachen zu dem Schluss gekommen, dass, wenn ein so wichtiger Punkt wie der Abzug der Garnison den Konflikt bis zu einem offenen Umsturz führen könnte, dieser Umstand uns im höchsten Grade helfen würde, die bekannte Methode des Umsturzes zu etablieren, da wir den Plan hatten, es rein konspirativ durchzuführen. Diese Idee wurde natürlich festgeklopft, zumal die Mehrheit der Garnison für uns war, und es war notwendig, die Stimmung zu realisieren. Jetzt bekamen wir einen rein militärisch verketteten großen Konflikt, auf dessen Grundlage wir den Aufruhr machen konnten. Vielleicht erinnert sich jemand daran, wann die Entscheidung des Zentralkomitees zu diesem Thema stattgefunden hat? Sollte das Anfang Oktober gewesen sein, ungefähr am 10. oder früher? Podwoiski: Am neunten oder wenig später, nach dem zwölften. Trotzki: Nein, weil für den 25. der 2. Sowjetkongress festgelegt wurde. Ich sagte, im Grunde hatten wir den bewaffneten Aufstand für den 25. festgelegt, aber dann stellte sich heraus, dass eine ziemlich lange Zeit vor diesem Aufstand geblieben ist. Kosmin: Am 18. war Martows Frage, welcher Art das militärische Revolutionskomitee sei, und Sie antworteten mit der Frage: „Wer hat Martow das Recht gegeben, solche Interpellationen zu machen?"5 Trotzki: Da besteht kein Zweifel. Ich sage aber, dass das Treffen des Exekutivkomitees, wo im Prinzip beschlossen wurde, es zu organisieren, vor der entscheidenden Sitzung des Zentralkomitees stand; und wenn Sie sagen, dass die Sitzung des Zentralkomitees der zehnte oder zwölfte war, dann könnte es das siebente sein.6 Das ist nur eine ungefähre Angabe. Zum Militärischen Revolutionskomitee selbst: wenn ich gefragt würde, was seine Zusammensetzung war, könnte ich es nicht sagen, selbst wenn mein Leben davon abhinge, obwohl ich eine große Rolle darin gespielt habe. Aber davor hat sich die Angelegenheit in einen Block von drei Parteien verwandelt, und tatsächlich hat jede Partei Leute entsandt, Stellvertreter geschickt, die die Müden ersetzt haben, also kann ich nicht entscheiden, wer offizielles Mitglied war. Dies könnte aus den Zeitungen ermittelt werden. War Joffe ein offizielles Mitglied? Stimme: War er. Trotzki: Urizki? Er arbeitete hart. Podwoiski: Unszlicht entfaltete sich vor allem nach dem Umsturz. Trotzki: Lasimir arbeitete hart. Kosmin. Ich erinnere mich daran, dass es nach dem 18. Oktober ständige Sitzungen des Sowjets gab, und ich erinnere mich, dass Sie ständig Termine verabredet haben, um [Waffen] zu verteilen. Vielleicht würden Sie uns über diesen Punkt sagen, wie es gemacht wurde. Trotzki. In Bezug auf die Waffe war es so. Die erste Waffenquelle war die Sestroretsk-Fabrik. Als eine Delegation von Arbeitern kam und sagte, dass sie Waffen brauchen, sagte ich: „Aber das Arsenal ist nicht in unseren Händen." Sie antworten: „Wir waren in der Sestroretsk-Fabrik." „Nun, und?" – „Sie sagten, wenn der Sowjet befiehlt, werden wir liefern." Es war die erste Erfahrung. Ich gab einen Befehl über fünftausend Gewehre und sie empfingen sie am selben Tag. Und in allen bürgerlichen Zeitungen wurde dies gedruckt. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass in der „Nowoje Wremja" in einem Artikel, es kann sogar ein Leitartikel gewesen sein, darüber geredet wurde. Und genau diese Tatsache legalisierte natürlich unsere Bestellung in der Waffenabteilung. In der Zukunft ging die Sache tatsächlich mit voller Geschwindigkeit weiter. Das war nach dem Umsturz, als wir, das Militärische Revolutionskomitee, begannen, Kommissare für alle Militäreinrichtungen, für alle Militäreinheiten und für alle Kommissariate zu ernennen, wo es Waffen gab. Dort gaben unsere Kommissare der Partei eine militärische Organisation, und die Verfügung über die Waffen ging dann natürlich in unsere Hände. Ich erinnere mich auch an einen unbedeutenden, aber einfach malerisch Moment. Das war der Zeitpunkt als wir versuchten, uns im Gebäude des Smolny selbst militärisch zu organisieren. Das Maschinengewehrkommando, das diese Aufgaben unter Kerenski erfüllte, erwies sich als wenig nützlich, obwohl die Maschinengewehrschützen zum Zeitpunkt des Umsturzes Bolschewiki wurden. Der Kommandant des Smolny war damals Grekow. Er galt als syndikalistischer Sozialrevolutionär und saß unter den Bolschewiki viel im Gefängnis. In diesem Moment war er uns gegenüber sehr feindlich. Das war nach der Versammlung in der Peter-und-Paul-Festung, wo mir klar wurde, dass wir nicht nur gewinnen, sondern auch fast ohne Widerstand gewinnen werden. Grekow fuhr mich in seinem Auto und sagte: „Ja, natürlich könntet ihr vielleicht einen Umsturz machen, aber das würde natürlich nicht lange dauern – ihr werdet erwürgt." Es ist klar, dass er sich mit uns nicht verbinden wollte. Und der Kommandant kam zu mir und sagte: wir werden für euch sein. Als sie begannen, die Maschinengewehre zu überprüfen, befanden sie sich in einem völlig unbrauchbaren Zustand. Die Soldaten waren träge und erwiesen sich auch als völlig ungeeignet für den Kampf. Wir haben uns dazu entschlossen, dort eine Maschinengewehrabteilung hinzubringen, ich kann mich nicht daran erinnern, welche; aber erst im Morgengrauen vom 24. zum 25. erschienen sie dort mit Maschinengewehre. Die Menschewiki und Sozialrevolutionäre waren noch in bedeutender Anzahl im Smolny. Im Morgengrauen hat noch keiner von uns geschlafen. Es war vor der Morgendämmerung, Zwielicht in der Lage und in der Stimmung, Nervosität und plötzlich, – entlang des Korridors diese Maschinengewehre – rrrrrrrr. Die Menschewiki sehen blass aus, alarmiert. Jeder Ton rief einen Alarm hervor. Und dann donnern ein Kommando und Stampfen entlang der Korridore. Da sind sie aus dem Smolny ausgezogen. Am 25. wurde die Sitzung des 2. Sowjetkongresses eröffnet. Und dann kamen Dan und Skobelew ins Smolny und gingen genau durch den Raum, wo wir mit Wladimir Iljitsch saßen. Er hatte ein Taschentuch umgebunden, als ob er Zahnschmerzen hätte, hatte eine riesige Brille, und eine schlechte Schirmmütze, der Anblick war ziemlich seltsam. Aber Dan, der geschulte, trainierte Augen hatte, schaute, als er uns sah, von der einen zur anderen Seite, stieß Skobelew mit dem Ellenbogen an, zwinkerte und ging. Wladimir Iljitsch stieß mich auch mit einem Ellenbogen an: „Sie haben uns erkannt, die Schurken." Aber es war nicht gefährlich, denn in diesem Moment waren wir die Herren der Lage. Wir setzten das Spiel des Militärischen Revolutionskomitees mit dem Bezirksstab fort. Wir verhandelten, welche Art von Beziehung wir zu den Kommissaren herstellen, so dass es keine Spannungen zwischen der Soldatensektion und der Garnison gab. Sie brachten ein Projekt vor, dem zufolge ihr Kommissar ein Bezirkskommissar sein würde. Die Tatsache, dass wir für das Regiment Kommissare ernennen, spiele keine Rolle, aber es sei notwendig, dass sie sich an ihren Kommissar wenden. Wir setzten diese Verhandlungen fort und sie sickerten in die Zeitungen durch. In der „Nowoje Wremja" oder im „Rjetsch" wurde gesagt: „Offenbar wird eine Einigung erzielt." Wladimir Iljitsch war, nachdem er diese Zeitungen gelesen hatte, in einer auf uns sehr wütenden Stimmung, und die erste Frage, sobald er ankam, war: „Ist das wirklich wahr?" „Nein, das ist ein Spiel zur Deckung", versicherten wir ihm. Zu dieser Zeit waren das Telegrafenamt, die Bank, das Ingenieurschloss bereits besetzt, und der Winterpalais war umstellt. So war unsere Situation mehr oder weniger gesichert. Zur gleichen Zeit, als morgens Maschinengewehre überall lärmten, kamen plötzlich Arbeiter und Arbeiterinnen aus der Druckerei und sagten, man hätte die Prawda geschlossen und drängten uns zu allerlei Willkürmaßnahmen. Es war der 24. oder 25. Sie sagten: „Was ist das? … Podwoiski, reiße die Siegel ab.“ – „Ja, wir werden drucken, gebt uns nur Schutz." Dieser Gedanke – „Schutz geben" – hat uns gedrängt. Wir haben genug Regimenter. Jetzt haben wir den Befehl geschrieben: „Das tapfere Wolynski-Regiment7 ist verantwortlich für die Freiheit der proletarischen Presse, die Regierung schloss die Zeitungen „Prawda“ und „Rabotschij i Soldat." Das Exekutivkomitee der Sowjets hebt diesen Befehl auf und erlegt dem tapferen Wolynski-Regiment die Pflicht auf, unsere Rechte wiederherzustellen.“ Man gab ihnen sofort die Kompanie. Niemand versuchte Widerstand zu leisten. Und die Tatsache, dass die Regierung die Druckerei der proletarischen Presse schloss und unsere Kompanie sie bewachte, gab dem ganzen Bezirk einen solchen Mut, dass sofort klar wurde, dass die Angelegenheit schon vorbei war. Und es gab viele solcher Episoden. Podwoiski: Das entscheidende Treffen, bei dem Sinowjew und Kamenew gegen den Aufstand protestiert hatten, war der 13.8 Trotzki: Dieses Treffen fand in der Wohnung von Menschewisten Suchanow statt. Dies war am 14.-15.9 Aber wenn es dieses Datum war, dann, Genossen, gibt es wenig Zeit zwischen dem Sowjetkongress und der Sitzung, auf der Martows Interpellation gemacht wurde. Nein, es war früher. Das erste Mal, dass die Sozialrevolutionäre aus dem Bezirksstab kamen und informierten, dass es einen Befehl für den Abzug der drei Regimenter gab, war im Exekutivkomitee. Und vielleicht war es im Exekutivkomitee der Soldatensektion des Sowjets? Sadowski: Es scheint, dass es im Präsidium war. Es gab eine Sitzung unter dem Vorsitz von Sawadje. Trotzki: Bei der Versammlung der verantwortlichen Arbeiter war ich nicht. Ich war beim Vorgespräch mit dem Genossen Lenin, und Sinowjew und Kalinin kamen dorthin. Und als die Frage an Kalinin gestellt wurde, ob die Arbeiter beim Aufstand mitmachen würden, antwortete er bejahend und sagte, man dürfe den Moment nicht verstreichen lassen. Das Gespräch mit Wladimir Iljitsch ging zu dieser Zeit mehr darum, wann man einen Aufstand beginnen könne. Sie bestimmten eine bestimmte Zeit für den Beginn des Aufstands mittels Militärverschwörung, und es wurde beschlossen, die Ereignisse sowie den Abzug der Garnison zu verwenden. Wladimir Iljitsch, der in Finnland war, waren die stattfindenden Ereignisse nicht klar genug, so dass hier nur ein Treffen stattfand, und dieses Treffen fand nach einem Treffen der verantwortlichen Arbeiter bei Suchanow statt. Hier waren Lenin, Sinowjew, Kamenew, Lomow, Jakowlewa, Swerdlow. Von den Moskowitern – Oppokow10. Nogin scheint nicht da gewesen zu sein. Rykow war es auch nicht. Stalin war da, Schaumjan war, wie es scheint, auch da. Es gab kein Protokoll, mit Ausnahme der Stimmenzählung. Die Debatten ging um Grundsätzliches, und von denen, die sprachen, sprachen mehr Genossen als man annehmen konnte, gegen den bewaffneten Aufstand und gingen in ihrer Argumentation bis zur Ablehnung der Sowjetmacht. Die Einwände reduzierten sich auf die Tatsache, dass der bewaffnete Aufstand einen Sieg bringen könne, und was dann? … Und dann können wir uns aus sozioökonomischen Gründen nicht halten usw. So wurde das Thema sehr tiefgehend behandelt. Es gab Vergleiche mit den Juli-Tagen, es wurde gesagt, dass die Massen vielleicht nicht herauskommen, und wir zum Rückzug blasen werden. Dann gab es Argumente, dass wir nicht die Versorgung bewältigen könnten, dass wir in den ersten zwei Wochen untergehen würden, dass Petersburg unsere Insel bleiben würde, dass Wikschel, Techniker, Spezialisten, Intellektuelle uns erwürgen würden. Die Debatte war sehr leidenschaftlich, aber jetzt ist es schwer, sich in der Rückschau an alle Argumente zu erinnern. Die auffälligste Sache, Genossen, ist, dass sie, als sie im Augenblick die Möglichkeit eines Aufstandes zu leugnen versuchten, sogar die Sowjetmacht ablehnen konnten. Wir fragten sie: „Was ist eure Position?" – „Agitation, Propaganda, Massenkundgebung usw. ...“ „Na und dann?" Ich erinnere mich nicht an das Stimmenverhältnis, aber ich weiß, dass 5-6 Stimmen dagegen waren. Dafür gab mehr, wahrscheinlich 9 Stimmen. Aber für die Zahlen kann ich nicht bürgen. Das Treffen dauerte die ganze Nacht, und man begann sich im Morgengrauen zu zerstreuen. Ich und einige meiner Genossen blieben über Nacht. Es gab zwei Schattierungen im Verhältnis zum Aufstand. Auf der einen Seite verbanden die Petrograder (die im Petrograder Sowjet tätig waren) das Schicksal dieses Aufstands mit dem Verlauf des Konflikts wegen des Abzugs der Garnison. Wladimir Iljitsch hatte keine Angst vor dem Aufstand und bestand sogar darauf, das Schicksal dieses Aufstandes nicht nur mit dem Verlauf des Konfliktes in Petersburg zu verbinden. Und es war nicht eine andere Schattierung, sondern eine andere Herangehensweise an die Materie. Unser Standpunkt war, dass Petrograd den Fall auf diese Weise führen würde, und Lenin ging vom Standpunkt des Aufstandes nicht nur in Petrograd, sondern im ganzen Lande aus, und er räumte dem Aufstand ausschließlich der Petrograd Garnison nicht so viel Platz und Bedeutung ein. Der Aufstand war für den 15. Oktober geplant. Podwoiski: Nach meinen Berechnungen war das Treffen früher, sonst hätte es Verzögerung gegeben. Trotzki. Das Treffen der verantwortlichen Arbeiter war zweifellos nach der Sitzung des Zentralkomitees, als die Frage bereits geklärt war, und folglich wurde Sinowjew und Kalinin11 das Recht gegeben, zur Verteidigung ihrer Standpunkte zu reden. Und die Entscheidung des Zentralkomitees war bereits gefällt. Daraus schließe ich, dass die Sitzung des Zentralkomitees Anfang Oktober war, am dritten, da ich mich erinnere, dass beschlossen wurde, einen Aufstand spätestens am 15. Oktober zu machen. Bei der Festlegung des Aufstands kam auch eine Schattierung zum Ausdruck. Ich bestand darauf, dass das Militärische Revolutionskomitee beauftragt wird, den Augenblick des Aufstandes für den Sowjetkongress vorzubereiten. Aus diesem Grund gab es keine großen Streitigkeiten, aber es wurde festgestellt, dass der Aufstand entweder Ende Oktober oder Anfang November stattfinden würde. Kosmin: Die Entscheidung war nach dem Austritt der Bolschewiki aus dem Vorparlament oder früher? Trotzki: Es war danach. Und wann war der Austritt aus dem Vorparlament? Podwoiski: Im September. Trotzki. Ich sagte, es war nach dem Austritt. Aber nein, ich kann den Moment nicht genau bestimmen. Jedenfalls war diese Entscheidung nach dem Treffen der Fraktion, in der die Frage entschieden wurde, ob man ins Vorparlament eintritt oder nicht, und wo ich einen boykottistischen Standpunkt des Nichteintritts und Rykow des Eintritts vertrat. Erst danach erhielt wir Lenins Brief aus Finnland, wo er den boykottistischen Standpunkt der Fraktion unterstützte. Und danach hatte die Sitzung des Zentralkomitees den Charakter eines Versuches, die letzten Tüpfelchen auf das i zu setzen, um absolute Sicherheit in die Lage zu bringen. Im Verhalten der Parteizellen, in den Regimentern, im Verhalten der Kommissare, herrschte große Unsicherheit. Kosmin: Ein anderer interessanter Punkt ist die Fortsetzung der Revolution in den Institutionen, die Bildung des Volkskommissariats für auswärtige Angelegenheiten, für das Lew Dawidowitsch [Trotzki] verantwortlich war, und die Schaffung des Apparates. Trotzki: Für das Volkskommissariat für auswärtige Angelegenheiten möchte ich an Genossen Markin zurückdenken, der in gewissem Maße das Volkskommissariat für auswärtige Angelegenheiten organisierte; Markin war Matrose der Baltischen Flotte und war Mitglied des ZEK während der zweiten Einberufung. Er hat meine Jungen getroffen. Niemand bemerkte ihn, aber zweifellos genoss er das Vertrauen der Matrosen. Durch meine Jungen habe ich ihn getroffen. Es war so 2-3 Wochen vor der Revolution. Er bot seine Dienste für alle verantwortungsvollen Aufgaben an und ich steckte ihn zunächst in die Redaktion von „Rabotschij i Soldat“, wo er die größte Energie zeigte. Und dann ging er mit mir zum Volkskommissariat für auswärtige Angelegenheiten, und dieses Volkskommissariat für auswärtige Angelegenheiten habe ich lange nicht mehr besucht, weil ich im Smolny war. Die Frage war militärisch – Krasnows Angriff auf uns. Es gab Treffen von Vertretern aus Fabriken und viele andere Dinge, Eisenbahn und so weiter, und Markin war an der Organisation des Volkskommissariats für auswärtige Angelegenheiten beteiligt. Diese Organisation drückte sich zuerst so aus: Wir kannten die Eingänge oder Ausgänge nicht, wussten nicht, wo die Geheimdokumente aufbewahrt werden; und der Petersburger Sowjet wartete ungeduldig auf Geheimdokumente. Ich hatte keine Zeit zu gehen und nachzusehen. Als ich einmal ankam, und es war nicht am ersten Tag, sondern 5-7 Tage, nachdem wir die Macht ergriffen hatten, wurde mir gesagt, dass hier niemand da sei. Ein Fürst Tatischchew sagte, dass keine Angestellten da seien, dass sie nicht zur Arbeit kämen. Ich verlangte, diejenigen zusammenzuholen, die da waren, und es stellte sich später heraus, dass es eine kolossale Menge gab. In 2-3 Worten erklärte ich, was Sache ist, dass die Sache mehr oder weniger unwiderruflich ist und wer treu dienen will, im Dienst bleibt. Aber ich ging unverrichteter Dinge. Danach verhaftete Markin Tatischtschew, Baron Taube und brachte sie zum Smolny, setzte sie in einen Raum und sagte: „Ich bekomme die Schlüssel nach einer Weile." Zur Frage nach den Schlüsseln schickte Taube nach Tatischtschew, und sagte Tatischtschew wohin er gehen sollte, und als Markin mich nach ungefähr zwei Tagen anrief, zeigte uns Tatischtschew alle Räume, zeigte deutlich, wo der Schlüssel ist, wie man ihn dreht usw. Dann gab es Angst, ob nicht Papiere versteckt sind. Dies bestätigte sich jedoch nicht. Als wir ihn fragten, wo die Geheimdokumente waren, sagte er, dass unsere Vorstellung von ihnen sozusagen unter einem Fetischismus leide, als ob sie unbedingt auf Pergament geschrieben sein sollten usw. Diese Geheimdokumente verloren ihre Bedeutung, Diese räuberischen Vereinbarungen wurden einfach durch verschlüsselte Telegraphenübermittlung geschaffen, und Kopien von ihnen lagen in einer ziemlich prosaischen Form in Schränken versteckt. Markin begann sie zu veröffentlichen. Mit ihm arbeitete ein junger Mann, 25 Jahre alt, ohne Hand, sein Nachname war wohl Poliwanow, ein Privatdozent. Da er mir von Markin empfohlen wurde, half er ihm. Ich weiß nicht, zu welcher Fakultät er gehörte, aber er hatte Informationen dazu. Es scheint, dass er sogar asiatische Sprachen kannte. Ob er ein Philologe war oder so etwas, kann ich nicht genau sagen. Er hat nicht an Geheimdokumenten gearbeitet. Wer ihn Markin empfohlen hat, weiß ich nicht. Es gab auch Salkind von der Partei. Markin adoptierte ihn mehr oder weniger. Aber dann stellte sich heraus, dass Poliwanow ein Mitglied des Bundes des russischen Volkes war. Zumindest verlor er seine Hand nicht auf den Barrikaden. Später zeigte er eine große Abhängigkeit von alkoholischen Getränken, und es gab sogar Hinweise darauf, dass er verschiedene Geschenke annahm. Die persische Botschaft sandte ihm einen Korb mit einigen Geschenke. Er wurde von dieser Angelegenheit entfernt. Zuerst arbeitete er ziemlich aktiv. Markin selbst fing Pakete ab, die aus anderen Ländern kamen. Es zeigte sich, dass in ihnen Seide, Damenschuhe usw. waren. In diesen Zeiten gab es keine diplomatischen Verhandlungen, und die ganze Arbeit beschränkte sich darauf, Dokumente zu veröffentlichen und den Inhalt dieser Koffer zu verkaufen. Unsere diplomatischen Aktivitäten fanden im Smolny ohne jeden Apparat des Volkskommissariats für auswärtige Angelegenheiten statt. Erst als der Genosse Tschitscherin kam und für das Volkskommissariat für auswärtige Angelegenheiten ernannt wurde, begann Arbeit im Gebäude, die Auswahl neuer Mitarbeiter, aber in sehr kleinem Umfang. Kosmin: Ich erinnere mich, Sie sagten, dass dies das umstrittenste Kommissariat sei, dass kein Staat es anerkennen werde, es wird niemanden gebe, mit dem man reden könne. Trotzki: Markin arbeitete vor dem Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten in der Untersuchungskommission des Petersburger Sowjets und wechselte von da zum Außenkommissariat über. Die Untersuchungskommission begann bestimmte Methoden anzuwenden, die die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre damals nicht mochten, und Markin unterschied sich in seinem Verhalten auch darin, dass diese Methoden, um die Konterrevolutionäre zu fangen, mit großem Eifer angewandt wurden. Markin war, wie es scheint, ein Arbeiter oder ein Bauer. Der Mann war sehr intelligent, mit großem Willen, aber er schrieb fehlerhaft. Alle von ihm geschriebenen Dokumente sind falsch geschrieben. Dann befehligte er auf der Wolga unsere militärische Flottille und starb dort. Es muss gesagt werden, dass in der ersten Periode die Rolle der Offiziere überraschend war. Als ich und Lenin Besprechungen der Offiziere der Petersburger Garnison leiteten, wo der Kommandostab gegen Kerenski zusammengebracht wurde, gab es nur sehr wenige neue Kommandeure; alle von ihnen waren aus der zaristischen Armee, aber dennoch waren die meisten dieser alten Offiziere für uns. Offensichtlich gab es in den meisten Fällen einen solchen Wunsch, Kerenski zu stürzen. Niemand übernahm die Verantwortung für sich selbst, und der, der die Führung übernahm, M. Murawjow, organisierte später eine Partisanenabteilung bei Zarizyn. Oberst Walden befehligte den Pulkowo-Hügel. Er griff Krasnow mit großen Abteilungen an, und dieses Zusammenstoß entschied das Schicksal von Kerenskis Offensive. Dieser Walden war ein typischer Oberst, und was in ihm sagte, uns zu folgen, verstehe ich immer noch nicht. Er war ein Oberst im mittleren Alter, oft verwundet. Dass er mit uns sympathisierte, konnte nicht sein, denn er verstand nichts. Anscheinend hatte er auf Kerenski einen so heftigen Hass, dass er ihm eine vorübergehenden Sympathie für uns einflößte. 1 Eine kurze Aufzeichnung des Treffens von Teilnehmern der Oktoberrevolution in Petrograd. Die vorliegende Erinnerung ist ein Stenogramm, aber ein sehr unklares, einer Rede von L. D. Trotzki an einem Gedenkabend, der von der Istpart im Zusammenhang mit dem 4. Jahrestag der Oktoberrevolution einberufen wurde. Es ist so schludrig niedergeschrieben, dass es sich bei der ersten Durchsicht zeigte, dass die Rede kein Ende hat, sondern mit der Rede eines späteren Sprechers verwoben ist. Der Bericht über das Treffen wurde in Nr. 10 der „Proletarskaja Rewoluzija" für 1922 veröffentlicht. [Anmerkung der „Sotschinenija“, 1925] Am 7. November 1920 fand in Moskau ein „Treffen der Teilnehmer der Oktoberrevolution in Petrograd" statt. Die stenographische Aufzeichnung wurde im Oktober 1922, am Jahrestag der Revolution, in der offiziellen Zeitschrift der „Kommission zur Geschichte der Oktoberrevolution und der kommunistischen Partei Russlands", Proletarskaja Rewoluzija, Nr. 10 veröffentlicht. Der Zweck des Treffens war es, die Hauptprotagonisten der Revolution Erinnerungen an die Umstände austauschen zu lassen, unter denen das denkwürdige Ereignis eingetreten war. In der Zeit vor dem Oktober und unmittelbar danach dachte niemand daran, die Reden und Überlegungen zu stenographieren, Protokolle zu schreiben und Material für die Geschichte zu hinterlassen. Erst nach dem Abklingen des Bürgerkrieges wurde der Anfang gemacht, die Wechselfälle der Handlung, die Entwicklung der Taktik, die Ausarbeitung der Ideen aufzuzeichnen, nicht nur um der Geschichte willen, sondern vor allem um der revolutionären Erziehung willen. Insbesondere die Bedingungen des Oktoberaufstandes waren lange unklar geblieben und bedurften der Klärung. Zu diesem Zweck wurde das betreffende Treffen einberufen. Unter den Anwesenden waren: Olminski, Kobosew, Smirnow-Deiman, Bogolepow, Kosmin, Kozlowski, Losowski, Sadowski, Trotzki, Bontsch-Brujewitsch, Trotskaja, Podwoiski, Jelisarowa (Lenins Schwester), Leschawa, Krassikow, Demjan Bjedny. Die Namen sind bedeutsam. Während des Treffens wurde Trotzki aufgefordert, einige Fragen zu klären. Wir drucken hier einen Teil seiner Erinnerungen nach. Dem gewissenhafte Leser wird sofort die Tatsache auffallen, dass Trotzki in diesen Erinnerungen von 1920, die 1922 in einer offiziellen Parteizeitschrift zu Lebzeiten Lenins gedruckt wurden, genau die gleichen Dinge sagt, die er 1923 und 1924 und bis zum heutigen Tag wiederholte. Aber während ihm 1920 und 1922, als seine Äußerungen als historische Wahrheit betrachtet wurden, kein Vorwurf gemacht wurde, genügt es heute, sie zu wiederholen, um die Schmähungen und Verleumdungen der stalinistischen Presse hervorzurufen, die sorgfältig warteten, bis Lenin tot war, bevor sie entdeckten, dass Trotzkis Version von konterrevolutionären Überlegungen angeregt wurde. – die Herausgeber [der New International, 1938] 2 Hier haben wir die Versammlung der Soldatensektion des Petrograder Sowjets vom 6. Oktober im Auge. Die Rede Leo Trotzkis und die Resolution findet man im ersten Teil dieses Bandes. 4 Dies ist nicht ganz richtig, wenn wir die Entscheidung des Petrograder Sowjets, das Militärische Revolutionskomitees zu gründen als das Datum der Bildung des Militärische Revolutionskomitees betrachten. Diese Sitzung des letzteren fand bekanntlich am 16. Oktober statt. Die Sitzung des Zentralkomitees war am 10. 5 Diese Interpellation wurde während der Rede des Genossen Trotzki über den „bolschewistischen Aufruhr" auf einer Sitzung des Petrograder Sowjets am 18. Oktober gemacht. 6 Aus dem Vorherigen ist klar, dass dies nicht so ist. Dieses Treffen fand am 10. Oktober statt. 7 Hier ist ein Fehler. Dieses Regiment war das Litauische, nicht das Wolynski-Regiment. [Die Zeitungen waren auch nicht „Prawda“ und „Rabotschij i Soldat", sondern „Rabotschij Putj“ und „Soldat." - Der Übersetzer] 8 Podwoiski macht hier einen Fehler. Dieses Treffen fand am 10. statt. 9 Das Treffen in Suchanows Wohnung fand, wie oben erwähnt, nicht am 14. und 15. Oktober statt, sondern am 10. Oktober. 10 Es gab anscheinend ein Missverständnis. Oppokow ist zugleich Lomow, der gerade erwähnt wurde. Deshalb waren auf dem Treffen nicht zwei Personen – Lomow und Oppokow, sondern eine – Lomow (Oppokow). 11Offenbar ist Kamenew gemeint. In der „New International“ ist der Name in „Kamenew“ geändert. |
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