Die hier in einem besonderen Abschnitt zusammengefassten Artikel „Wie soll man den Wettbewerb organisieren?“, „Die große Initiative“ und „Von der Zerstörung einer jahrhundertealten Ordnung zum Aufbau einer neuen“ sind zu verschiedenen Zeiten noch vor der neuen ökonomischen Politik geschrieben worden. So wurde der erste Artikel im Januar 1918 geschrieben (erstmalig jedoch erst im Januar 1929 in der „Prawda“ Nr. 17 veröffentlicht), der zweite im Juni 1919 verfasst und im Juli desselben Jahres als Sonderbroschüre herausgegeben, und der dritte Im April 1920 geschrieben und in der einmalig erschienenen Zeitung „Kommunistischer Subbotnik“ am 11. April 1920 veröffentlicht. Diese Artikel sind auch jetzt aktuell. [...] Die gewaltige geschichtliche Bedeutung des sozialistischen Wettbewerbs besteht darin, dass er die grundlegende Methode der Erziehung der werktätigen Massen im Geiste einer kommunistischen Einstellung zur Arbeit, die grundlegende Methode der Heranziehung dieser Massen zur aktiven und bewussten Teilnahme am Aufbau der neuen, sozialistischen Gesellschaft ist. Der sozialistische Wettbewerb kann nur dann entstehen und sich breit entfalten, wenn die Macht sich in den Händen des Proletariats befindet, wenn sich in den Händen des Proletariats in Gestalt des proletarischen Staates alle ausschlaggebenden Produktionsmittel befinden (der Grund und Boden, die Bodenschätze, die Industriebetriebe, die Eisenbahnen usw.) und wenn folglich die werktätigen Massen ihre Arbeit nicht für ihre Unterdrücker und Ausbeuter, die schmarotzenden Eigentümer der Produktionsmittel, aufwenden, nicht für jene Werte erzeugen, sondern für sich selbst. Aus einer Quelle der Bereicherung und der Erzeugung von unermesslichen Reichtümern und sinnlosem Luxus für die einen (nämlich für die Handvoll Kapitalisten), aus einem Mittel des Kampfes um ein klägliches, geknechtetes Hungerdasein für die anderen (für die erdrückende Masse der Werktätigen) verwandelt sich die Arbeit unter den Verhältnissen der Diktatur des Proletariats in eine Quelle der Vermehrung der Gesamtmenge der materiellen Güter, deren Bestimmung eine weitere Steigerung der Produktionskapazität des proletarischen Staates und die systematische und beharrliche Hebung des materiellen Wohlstandes aller Werktätigen ist. Dadurch verwandelt sich die Arbeit aus einer schweren Notwendigkeit, aus einem Joch, das den Nacken der Werktätigen drückt, wie dies in der kapitalistischen Gesellschaft der Lohnsklaverei der Fall ist, in die freudige, bewusste, schöpferische Tätigkeit jedes Werktätigen in Gemeinschaft mit dem ganzen schaffenden Kollektiv für das Gemeinwohl. Der
Wettbewerb ist nicht nur eine besondere, und zwar die fruchtbarste
Methode der Teilnahme der fortgeschrittenen Schichten der Werktätigen
am sozialistischen Aufbau, sondern auch ein mächtiges Werkzeug für
die Organisierung und Erziehung der zurückgebliebenen Schichten im
Geiste einer kommunistischen Einstellung zur Arbeit; er ist ein
Werkzeug der Heranziehung dieser Schichten zur bewussten und aktiven
Teilnahme am Aufbau der neuen Gesellschaft. [...] Die überragende Bedeutung des sozialistischen Wettbewerbs liegt insbesondere darin, dass er in den werktätigen Massen Unternehmungsgeist, schöpferische Energie, Initiative und Selbsttätigkeit weckt, dass er zum ersten Male die Möglichkeit schafft, die Fülle von Fähigkeiten und Talenten, die in den Volksmassen schlummern, zu entdecken und in der Tat anzuwenden. Der Kapitalismus erstickte diese Fähigkeiten und Talente. Die sozialistische Organisationsform der Produktion bietet ihnen zum ersten Male die Möglichkeit, sich in vollem Maße zu entfalten. Entgegen der Meinung von allen möglichen Schmocks und gelehrten Pfaffen der Bourgeoisie, die den Sozialismus als eine eintönige Kaserne darzustellen versuchen, beweist gerade der sozialistische Wettbewerb, wie fremd dem Sozialismus jedes Schablonisieren ist und welche großen Möglichkeiten für eine vielgestaltige, vielseitige schöpferische Tätigkeit durch den Sozialismus geschaffen werden. [...] Die volle und allseitige Ausnutzung aller dieser Vorzüge des Wettbewerbs durch die Einbeziehung aller Werktätigen sichert dem Sozialismus eine neue, im Vergleich mit dem Kapitalismus unvergleichlich höhere Arbeitsproduktivität. Lenin hat aber betont, dass die Arbeitsproduktivität in letzter Instanz das Wichtigste, das Ausschlaggebende für den Sieg der neuen Gesellschaftsordnung ist. Die Herausbildung einer höheren Arbeitsproduktivität ist übrigens noch dadurch bedingt, dass der Wettbewerb den Austausch von Erfahrungen, Erfindungen und Errungenschaften in einer rationelleren Organisation von Arbeit und Produktion, in einer besseren Ausnützung der maschinellen Ausrüstung usw. voraussetzt. All dies ist unter dem Kapitalismus undenkbar, da das Prinzip der Konkurrenz einen solchen Austausch von Erfahrungen und Erfindungen ausschließt. Der Kapitalist nutzt die Erfahrungen und Erfindungen ausschließlich in seinem persönlichen Interesse aus, nicht aber im Interesse der Gemeinschaft, er nutzt sie aus, um seine Konkurrenten zugrunde zu richten und zu vernichten. Es liegt jedoch auf der Hand, dass man bei der Hebung der Arbeitsproduktivität unvergleichlich größere Resultate erzielen kann, wenn man die im Wettbewerb stehenden Massen mit Kenntnissen ausrüstet, wenn man sie mit Wissenschaft und Technik wappnet. Darauf lenkt Lenin die Aufmerksamkeit in dem Artikel „Wie soll man den Wettbewerb organisieren?“, in dem er u. a. ausführt: „… Die Arbeiter werden keinen Augenblick vergessen, dass sie die Macht des Wissens brauchen.“ [...] Diese große Bedeutung des sozialistischen Wettbewerbs, die von Lenin zuerst aufgedeckt wurde, gibt auch die Erklärung dafür ab, warum der erste Artikel, der dieser Frage gewidmet ist, von Lenin gleich in den ersten Monaten nach der Oktoberrevolution und nach der Aufrichtung der proletarischen Diktatur geschrieben wurde. Die
Verhältnisse des Bürgerkrieges, in den die junge Sowjetrepublik
hineingezogen wurde, gestatteten den Arbeitern und Bauern nicht, die
friedliche Arbeit am Aufbau des neuen Lebens auf der Grundlage eines
breit entfalteten sozialistischen Wettbewerbs in Angriff zu nehmen.
Jedoch bereits im Jahre 1919 begannen die hungernden Arbeiter,
ungeachtet der Tatsache, dass das Land von einem eisernen Ring von
weißgardistischen Banditen und Interventionstruppen umgeben war und
von Zerrüttung und Hungersnot gepeinigt wurde, im Hinterland aus
eigener Initiative sozialistische Arbeitsformen in Gestalt der
Subbotniks anzuwenden. [...] [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 9, Anm. 116] |
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