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Pressefrage November 1917

Die Frage der Pressefreiheit wurde in der Sitzung des Allrussischen Zentralexekutivkomitees im Zusammenhang mit dem Dekret des Rates der Volkskommissare über die Presse und das Verbot einer Reihe von bürgerlichen Zeitungen auf Anordnung des Revolutionären Militärkomitees behandelt. Am 8, November (26. Oktober) wurden folgende Zeitungen verboten: „Rjetsch", „Djen", „Birshewyje Wjedomosti", „Petrogradski Listek" u. a.

Diese entschiedene Politik rief einen scharfen Protest der linken Sozialrevolutionäre und des schwankenden Teds der Bolschewiki hervor. In der Sitzung des Allrussischen Zentralexekutivkomitees vom 17. (4.) November brachte J. Larin einen Antrag über die Aufhebung der Presseverordnung ein. Die Fraktion der Bolschewiki dagegen brachte folgende Resolution ein:

Das Verbot der bürgerlichen Zeitungen wurde nicht nur durch die bloßen Kampfnotwendigkeiten während des Aufstandes und der Unterdrückung der konterrevolutionären Versuche hervorgerufen, sondern war eine notwendige Übergangsmaßnahme zur Schaffung einer neuen Ordnung auf dem Gebiet der Presse, einer Ordnung, unter der die Kapitalisten, die Besitzer der Druckereien und des Papiers, nicht imstande sein sollen, selbstherrliche Fabrikanten der öffentlichen Meinung zu werden.

Eine weitere Maßnahme muss die Konfiskation der privaten Druckereien und Papiervorräte sein, ferner ihre Übergabe an die Organe der Sowjetmacht in der Hauptstadt und der Provinz, damit die Parteien und Gruppen die technischen Mittel des Druckwesens entsprechend ihrer wirklichen ideellen Stärke benutzen können, d. h. proportionell zur Zahl ihrer Anhänger.

Die Wiederherstellung der sogenannten „Pressefreiheit", d. h. die einfache Rückgabe der Druckereien und des Papiers an die Kapitalisten, die das Volksbewusstsein vergiften, wäre eine unzulässige Kapitulation vor dem Willen des Kapitals, das Aufgeben einer der wichtigsten Positionen der Arbeiter- und Bauernrevolution, d. h. eine Maßnahme von zweifellos konterrevolutionärem Charakter.

Davon ausgehend weist das Allrussische Zentralexekutivkomitee kategorisch alle Anträge zurück, die auf die Wiederherstellung der alten Ordnung auf dem Gebiet der Presse hinauslaufen und unterstützt vorbehaltlos in dieser Frage den Rat der Volkskommissare gegen die Forderungen und Ansprüche, die von kleinbürgerlichen Vorurteilen oder direktem Lakaientum gegenüber den Interessen der konterrevolutionären Bourgeoisie diktiert werden."

In der Diskussion zu dieser Frage traten vor Lenin die linken Sozialrevolutionäre A. Kolegajew und W.Karelin gegen die bolschewistische Resolution auf, L. Trotzki für diese Resolution.

Die Resolution der bolschewistischen Fraktion wurde mit 34 gegen 24 Stimmen angenommen, bei 1 Stimmenthaltung. Daraufhin verlasen die linken Sozialrevolutionäre eine Deklaration, in der sie erklärten, dass sie die Verantwortung für das „für die Revolution verhängnisvolle System des Terrors" ablehnen und alle ihre Vertreter aus dem Revolutionären Militärkomitee und von anderen verantwortlichen Posten zurückziehen Eine analoge Erklärung gab auch W. Nogin im Namen eines Teils der bolschewistischen Volkskommissare ab, die mit der Politik der Parteimehrheit nicht einverstanden waren. [Band 22]

Die Pressefrage wurde auf einer ZEK-Sitzung im Zusammenhang mit der Haltung der Regierung gegenüber den Organen der bürgerlichen Presse angesprochen. Der erste Redner war Larin, der feststellte, dass die Pressefrage nicht von allen anderen Einschränkungen durch die revolutionären Macht unterschieden werden könne – Verhaftungen, Durchsuchungen usw. In der gegenwärtigen Zeit, wenn wir die Rolle eines Konvents spielten, sei es wichtig, dass wir nicht in den Händen irgendeines Murawjows seien. Die Pressefrage sei eines der besonderen Probleme, die nicht aus dem allgemeinen System der Maßnahmen zum Schutz der Revolution herausgelöst werden könne. Nach den Redebeiträgen von Awanesow und Kolegajew hielt L. D. Trotzki eine regelrechte Rede. Nach ihm wiederholte der Linke Sozialrevolutionär Karelin die kleinbürgerlichen Phrasen über die Freiheit und sagte unter anderem: „Genosse Trotzki sagt, wir argumentieren aus der Sicht des Kapitals: Ich werde sagen, dass derjenige, der eine solche Frage stellt vom Standpunkt seiner eigenen Macht aus argumentiert“. Lenin unterstützte in dner weiteren Debatte das Argument L. D. Trotzkis von ganzem Herzen.

Als Ergebnis der Debatte wurde die Resolution der Bolschewiki (siehe den Text in diesem Buch) mit 34 gegen 24 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Im Zusammenhang mit der Annahme dieser Resolution gab Proschjan die folgende Erklärung im Namen der Linken Sozialrevolutionäre ab:

Die von der Mehrheit der ZEK angenommene Resolution zur Presse ist ein klarer und eindeutiger Ausdruck des Systems des politischen Terrors und des Schürens des Bürgerkriegs. Die Fraktion der Sozialrevolutionäre, die im ZEK als legitimem Organ der revolutionären Demokratie verbleibt, um die Interessen der Arbeiter und Bauern zu schützen, die sie vertritt, will in keiner Weise für das für die Revolution katastrophale System des Terrors verantwortlich sein und zieht alle ihre Vertreter aus dem Militärischen Revolutionskomitee und dem Stab und von allen verantwortlichen Stellen ab.“ [Trotzki, Sotschinenija 3.2]

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