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Nationalliberale

Nationalliberale – politische Partei in Deutschland, bestand bis zur Novemberrevolution 1918. Die Nationalliberale Partei entstand 1866 durch Abspaltung von der Deutschen Fortschrittspartei. Der siegreiche Krieg Preußens gegen Österreich bewog die deutsche Bourgeoisie, namentlich die industrielle, ihren Frieden mit Bismarck zu schließen. Sie verzichtete auf die liberalen politischen Forderungen und tauschte dafür die Erfüllung ihrer wirtschaftlichen Forderungen ein, und sie fand ihre politische Vertretung in der Nationalliberalen Partei. Das Charakteristikum der Nationalliberalen war ihre politische Grundsatzlosigkeit. Sie traten mit großer Wärme für liberale Forderungen ein, um sie später, sobald Bismarck die Stirn runzelte, bei der dritten Lesung im Stich zu lassen. Nach dem Krieg von 1870, als Bismarck gegen die Fronde der Konservativen, die gegen die Einigung waren, und gegen die Ultramontanen (die Zentrumspartei) zu kämpfen hatte, machte er die Nationalliberalen zur Regierungspartei und unterstützte sie bei den Wahlen, ohne sie jedoch an die Regierungsgeschäfte heranzulassen. Anfang 1878 verhandelten die Führer der Nationalliberalen Forckenbeck und Bennigsen mit Bismarck über den Eintritt in die Regierung, aber ohne Erfolg. „Sie wollten aus einer Schüssel mit mir essen", erklärte später Bismarck, und er gab ihnen den Fußtritt. 1878 löste Bismarck den Reichstag auf, in der Absicht, „die Nationalliberalen an die Wand zu drängen, dass sie quietschten". Das hinderte sie aber nicht, in servilster Weise auf jeden Wink Bismarcks zu apportieren. 1878 stimmten sie für das Sozialistengesetz, obwohl sie es in ihrer Mehrheit erst abgelehnt hatten. 1884 erklärten sie in ihrem berüchtigten Heidelberger Programm: „Sie (die Nationalliberalen) erkennen in der Aufrechterhaltung der Ordnung und eines gesicherten Rechtszustandes die erste Pflicht des Staates, werden bereitwillig der Reichsregierung die zur Abwehr staatsgefährlicher Umtriebe erforderlichen Machtmittel gewähren und erachten deshalb die Verlängerung des Sozialistengesetzes für dringend geboten". Selbstverständlich unterstützten sie auch bedingungslos alle Militärvorlagen, die Kolonialpolitik, die nationalistische Unterdrückungspolitik gegen die Polen, Dänen usw. Wegen ihrer Bereitschaft, die politische Meinung je nach den Launen oben zu wechseln, erhielten die Nationalliberalen den Namen „Fraktion Drehscheibe". Ihr parlamentarischer Einfluss, der bis 1880 ausschlaggebend war, ging im Laufe der Jahre stark zurück. Im letzten Reichstag vor der Novemberrevolution (1912 gewählt) hatten sie 44 Abgeordnete. Nach der Revolution 1918 bildeten die Nationalliberalen unter Führung des jetzigen Außenministers Dr. Stresemann die heutige Deutsche Volkspartei. Die russischen Marxisten erblickten in den Nationalliberalen gewissermaßen das Vorbild für die weitere Evolution des russischen Liberalismus. [Lenin, Sämtliche Werke, Band 7, Anm. 9]

Die Nationalliberale Partei entstand 1866 aus der deutschen Fortschrittspartei und vertrat jenen Teil der deutschen Bourgeoisie, der nach dem Siege Preußens über Österreich mit Bismarck Frieden schloss und für den Verzicht auf die liberalen politischen Forderungen die Erfüllung seiner wirtschaftlichen Forderungen eintauschte. Nach dem Kriege von 1870 machte Bismarck sie zur Regierungspartei, ohne sie zur Regierung zuzulassen. Die Nationalliberalen ermöglichten Bismarck die Annahme des Sozialisten-Gesetzes von 1878 im Reichstag. Nach 1880 ging ihr Einfluss im Reichstage stark zurück. Im letzten Reichstag des Kaiserreiches (gewählt 1912) hatten sie 44 Abgeordnete. Aus den Nationalliberalen, die stets vor allem die Partei der deutschen Industriebourgeoisie waren, ist die heutige Deutsche Volkspartei hervorgegangen. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 2]

Nationalliberale Partei: Sie entstand durch die Spaltung der liberalen Fortschrittspartei 1866/67. Die Fortschrittsparteimehrheit im preußischen Abgeordnetenhaus hatte sich Anfang der 1860er Jahre in einem Konflikt mit der preußischen Regierung unter Bismarck befunden, der den Staatshaushalt ohne Zustimmung des Parlaments in Kraft setzte. Jetzt kam es zur Spaltung, in der Frage, ob Bismarcks Verhalten nach dem erfolgreichen Krieg gegen Österreich nachträglich gebilligt werden solle. Die linksliberalen Freisinnigen waren dagegen, die rechtsliberalen Nationalliberalen waren dafür und gaben damit die liberalen politischen Forderungen zugunsten der ökonomischen Interessen der Kapitalisten auf. Für ihre politische Prinzipienlosigkeit bekamen sie den Spitznamen „Fraktion Drehscheibe“. MarxistInnen bezeichneten die taktischen Vorschläge des reformistischen Flügels der Arbeiterbewegung oft als „nationalliberale Arbeiterpolitik“, weil diese die Interessen der ArbeiterInnen durch Verständigung mit den KapitalistInnen zu erreichen versuchten, so wie die Nationalliberalen die Interessen der industriellen KapitalistInnen durch Verständigung mit den GroßgrundbesitzerInnen zu erreichen suchten.

Nationalliberale – eine politische Partei in Deutschland, die sich 1866 von der deutschen Fortschrittspartei im Preußischen Abgeordnetenhause abtrennte, die Interessen der industriellen Bourgeoisie vertrat und die Vereinigung Deutschlands unter der Hegemonie Preußens anstrebte. Das Programm der Nationalliberalen vereinigte den freihändlerischen Liberalismus mit dem deutschen Nationalismus. Die Nationalliberalen waren im allgemeinen Anhänger Bismarcks und besonders seiner Außenpolitik. In den 70er Jahren war die Nationalliberale Partei die stärkste im Reichstag; die gleiche Bedeutung hatte die Partei auch in den Landtagen der einzelnen deutschen Staaten. Im Jahre 1879 spaltete sich von der Nationalliberalen Partei die „Liberale Vereinigung" ab, die sich 1884 mit den Fortschrittlern verschmolz. Die Evolution der Nationalliberalen diente den russischen Marxisten gewissermaßen als Prototyp der weiteren Evolution des russischen Liberalismus.

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