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Lenins Kampf gegen Otsowisten und Liquidatoren

Der Artikel Lenins wurde veranlasst durch eine Reihe innerparteilicher Ereignisse, die auf dem ZK-Plenum, August 1908 (24.–26. neuen Stils), Ausdruck gefunden haben. Gerade in diese Zeit fällt die deutliche Scheidung der Hauptgruppierungen in der SDAPR, von dieser Zeit an gewinnt der systematische Kampf an zwei Fronten feste Umrisse. Lenin schrieb später: „Die Bolschewiki haben in der Zeit von August 1908 bis Januar 1910 in Wirklichkeit einen Kampf an zwei Fronten geführt, d. h. einen Kampf gegen die Liquidatoren und gegen die Otsowisten" (siehe Sämtliche Werke, Bd. XIV, Artikel „Notizen eines Publizisten" in Nr. 2 des „Diskussionsblattes").

Diesen Kampf begann Lenin mit der Säuberung der eigenen Reihen, der bolschewistischen Fraktion. Die Geschichte seiner philosophischen Differenzen mit Bogdanow und den Machisten erzählt er selber in dem Brief vom 13. Februar 1908 an Gorki (siehe Briefe an Gorki, Verlag für Literatur und Politik, Berlin 1924, S. 16. Vergl. auch Anm. 102 im vorliegenden Band).

Schon im Februar 1908 machte sich eine Atmosphäre der Spaltung bemerkbar. Der innerparteiliche Streit („Otsowismus") war damals noch nicht so scharf wie einige Monate später. Doch bereits damals sah Lenin die Unvermeidlichkeit eines Kampfes gegen Bogdanow, gegen die Menschewiki und die Versöhnler voraus. „Die Menschewiki haben hier eine Voranzeige betreffs der Monatsschrift ,Golos Sozialdemokrata' … veröffentlicht … Der Kampf kann sich zuspitzen. Trotzki aber will über den kämpfenden Fraktionen stehen" (ebenda, S. 17–18).

Im Frühjahr 1908 traten die Differenzen in der Bolschewistischen Zentrale schon mit aller Klarheit zutage. Vier Jahre später, 1912, schrieb Lenin an Gorki: „Erinnern Sie sich noch unseres letzten Zusammentreffens mit Bogdanow, Basarow und Lunatscharski im Frühjahr 1908 auf Capri? Wissen Sie, wie ich damals gesagt habe, wir werden uns wohl für 2 bis 3 Jahre trennen müssen, und wie Maria Fjodorowna (Andrejewa, die Frau von M. Gorki. D. Red.), die den Vorsitz führte, energisch dagegen protestierte, mich zur Ordnung rief, usw.?" (Leninski Sbornik" III). – S. 525.

Es handelt sich hier um den Aufenthalt Lenins im April 1908 auf Capri. Er schrieb darüber 1909 an die Hörer der Capri-Schule: „Ich war in NN (Capri) im April 1908 und erklärte diesen drei Genossen (Bogdanow, Basarow und Lunatscharski), dass unsere Auffassungen in philosophischen Fragen entschieden auseinandergehen, und ich schlug ihnen damals vor, die gemeinsamen Mittel und Kräfte für eine bolschewistische Geschichte der Revolution als Gegengewicht gegen die menschewistische liquidatorische Revolutionsgeschichte zu verwenden. Doch die Genossen lehnten meinen Vorschlag ab, denn sie wollten ihre Kraft nicht der gemeinsamen bolschewistischen Sache, sondern der Propaganda ihrer besonderen philosophischen Anschauungen widmen" („Proletarskaja Rewoluzija'' Nr. 2 [49]. 1926;. In dem gleichen Brief schreibt Lenin über Bogdanow, Lunatscharski, Ljadow und Alexinski, dies sei „gerade jene Gruppe von Genossen, die seit Frühjahr 1908 eine Opposition gegen den ,Proletarij' gebildet, in Russland und im Ausland gegen ihn agitiert und eine besondere Fraktion gebildet haben".

Das erste offene Abrücken von den Machisten vollzieht sich in dem Sammelband „Karl Marx zum Gedächtnis" (siehe Anmerkung 102). In der ersten Hälfte Juni 1908 fand in Genf ein Vortrag, augenscheinlich von Lunatscharski, statt, auf dem Dubrowinski das Wort ergriff und in seinem sowie in Lenins Namen erklärte, der Bolschewismus habe mit dem Empiriomonismus nichts zu tun (siehe „Zehn Fragen an den Referenten" – Konzept der Rede von Dubrowinski, ausgearbeitet von Lenin). Die letzte Frage Dubrowinskis an den Referenten lautete: „Gibt der Referent die Tatsache zu, dass der Machismus mit dem Bolschewismus nichts gemein hat, dass Lenin gegen den Machismus wiederholt protestiert hat?". Im Laufe dieser Diskussion trat Bogdanow mit einer Antwortrede auf. Laut Mitteilung der Auslandsagentur „hat Alexinski ,Innokentij' (Dubrowinski) abgekanzelt und ihm erklärt, er sei zu einer solchen Erklärung nicht berechtigt gewesen. Dann hat er den bolschewistischen Zirkel (Genfer Gruppe) versammelt, der eine dem Standpunkt von ,Innokentij' entgegengesetzte Resolution fasste. Lenin stellte sich entschieden auf die Seite ,Innokentijs' und hat jetzt seine Beziehungen zu Alexinski abgebrochen" (aus den Akten des Polizeidepartements, Nr. 5, Teil 84, Bd. 2, Bogen 71).

Eine Bestätigung alles dessen finden wir im folgenden Brief Lenins an Worowski (Mitte Juni 1908): „… Die Lage ist bei uns eine schwierige. Der Bruch mit Bogdanow steht bevor. Der wahre Grund ist: er fühlt sich beleidigt wegen der scharfen Kritik an seinen philosophischen Auffassungen, die bei Vorträgen (keineswegs in der Redaktion) geübt worden ist. Jetzt zieht Bogdanow alle möglichen Meinungsverschiedenheiten an den Haaren herbei, so z. B. den Boykott, zusammen mit Alexinski, der randaliert, was er nur kann, so dass ich alle Beziehungen zu ihm abbrechen musste… Sie arbeiten auf eine Spaltung hin, auf empiriomonistischer und boykottistischer Grundlage. Die Sache wird bald zum Ausbruch kommen. Auf der nächsten Konferenz ist ein Krach unvermeidlich, die Spaltung sehr wahrscheinlich. Ich werde aus der Fraktion austreten, sobald die Linie des ,linken' und wahren ,Boykottismus' die Oberhand gewinnen wird. Sie habe ich gerufen, in der Meinung, Ihre baldige Ankunft könnte zur Beruhigung beitragen. Im August neuen Stils rechnen wir unbedingt auf Sie als Teilnehmer an der Konferenz. Richten Sie es unbedingt so ein, dass Sie ins Ausland fahren können. Reisegeld werden wir für alle Bolschewiki schicken. In den Ortsorganisationen gebt die Losung aus ,Mandate nur an Ortsfunktionäre und nur an wirkliche Parteiarbeiter'. Wir bitten aufs Dringendste, für unsere Zeitung (d. h. für den ,Proletarij') zu schreiben. Jetzt können wir für die Beiträge zahlen und werden es pünktlich tun. Ich drücke Ihre Hand. Kennen Sie nicht einen Verleger, der meine ,Philosophie' (d. h. „Materialismus und Empiriokritizismus") an der ich jetzt arbeite, übernehmen würde?" (Aus den Akten des Polizeidepartements, Spezial-Abteilung, 1907, Nr. 5, Teil 84, Bd. 2, Eingangsnummer 636. Ein durch die Geheimpolizei kontrollierter, nicht unterschriebener Brief.)

Während der Unterbrechung der Dumatagung (Mai-Oktober 1908), besonders aber nach der Moskauer Konferenz vom 7. VI. (25. V.) erstand die Frage der Dumafraktion aufs Neue. Beide Fragen, die philosophische und die des Otsowismus, waren eng miteinander verflochten. Offensichtlich wurden die Konflikte in der bolschewistischen Zentrale immer häufiger, wenn schon die Berichte der Auslandsagentur für August über die inneren Kämpfe in ihr Mitteilungen bringen. So wird z. B. über eine Sitzung der bolschewistischen Zentrale, die scheinbar ungefähr zu derselben Zeit stattfand wie das ZK-Plenum, mitgeteilt, es sei ein Konflikt erörtert worden, zu dem es in der Redaktion des „Proletarij" zwischen Lenin und Innokentij einerseits und Bogdanow andererseits gekommen war. Letzterer habe es erneut abgelehnt, in die Redaktion einzutreten, und die Ablehnung mit seinem Gesundheitszustand motiviert. Die Kandidatur Ljadow anstatt Bogdanow sei indessen durchgefallen, und da kein anderer Anhänger des Duma-Boykotts vorhanden gewesen sei, so habe Bogdanow seine Forderung (allen Boykottisten solle das Recht der Mitarbeit an dem „Proletarij" garantiert werden) zurückgezogen. So war der Konflikt auf kurze Zeit beigelegt, in die Redaktion traten vorläufig Lenin und Sinowjew ein (Dubrowinski sollte gleich nach dem Plenum nach Russland gehen, an Stelle Bogdanows trat später für einige Zeit Marat). In Wirklichkeit aber vollzieht sich eine weitere Absonderung der Opposition. In seinem Artikel „Über die Fraktion der Anhänger des Otsowismus und der Gottbildnerei" schrieb Lenin: „Seit Juni 1908, nach dem Austritt aus der engeren Redaktion des ,Proletarij', bildete Bogdanow eine offizielle Opposition innerhalb des Kollegiums".

Anfang September lag das Buch Lenins „Materialismus und Empiriokritizismus", in dem das Fazit des Kampfes gegen den Machismus und den philosophischen Revisionismus einiger Bolschewiki gezogen wird, fertig vor.

Auf dem August-Plenum entlarvten die bolschewistischen Mitglieder des ZK energisch den menschewistischen Versuch, eine organisierte Liquidierung der Partei einzuleiten. Die Lage der menschewistischen Organisationen war dem Wachstum liquidatorischer Stimmungen günstig. Bereits im Oktober 1907 schrieb Potressow an Axelrod: „Bei uns herrscht vollständiger Zerfall und vollständige Demoralisation. Wahrscheinlich ist diese Erscheinung, dem Geiste der heutigen Zeit entsprechend, allen Parteien und Fraktionen gemeinsam, doch ich glaube nicht, dass dieser Zerfall und diese Demoralisation irgendwo größer ist als unter uns Menschewiki. Es fehlt nicht nur an einer Organisation, sondern auch an den Elementen dafür. Von unseren ZK-Mitgliedern wird aber dieses Nichtsein zum Prinzip erhoben…" („Die sozialdemokratische Bewegung in Russland", russ., Bd. 1, S. 171).

Es ist klar, dass Potressow, der enge Verbindungen mit den menschewistischen ZK-Mitgliedern unterhielt, bereits im Oktober 1907 allen Grund hatte, von realen Plänen zur Liquidierung der Partei zu sprechen. Offen liquidatorische Tendenzen traten bereits auf dem Londoner Parteitag zutage. Im Jahre 1908 aber, als die meisten menschewistischen Organisationen entweder zerstört waren (besonders im Süden) oder unter der epidemischen Flucht der aktiven Mitglieder, besonders der aus den Reihen der Intellektuellen stammenden, stark gelitten hatten, schwoll das Liquidatorentum stark an. Die bolschewistischen Organisationen dagegen existierten in der einen oder anderen Form, es existierte auch das den Bolschewiki nahestehende ZK.

Der menschewistische Plan zur Vernichtung des ZK war schon seit langem reif geworden. Anfang 1908 (Februar) wurden die bolschewistischen ZK-Mitglieder verhaftet, und die Menschewiki beschlossen, diese Situation auszunutzen. Im Februar-März 1908 hielt Gorew in Moskau im Namen der Menschewiki einen Vortrag über Liquidierung der alten Parteieinrichtungen, da sie ein reaktionäres Element seien, das von dem fortschrittlichen Teil der Partei energisch bekämpft werden müsse. Plechanow und eine Gruppe für Aufrechterhaltung der Partei eintretender Menschewiki deckten später diese im Jahre 1908, noch vor dem August-Plenum unternommenen Versuche zur Liquidierung der Moskauer Organisation auf. In einem in Nr. 10 des „Sozialdemokrat" veröffentlichten Brief berichtet Alexej Moskowski, wie die Arbeiter im Jahre 1908 dem „Reisenden in Liquidierung" (B. I. Gorew) eine gehörige Abfuhr erteilt haben. Ein anderer Brief, der von Plechanow in Nr. 12 des „Tagebuchs eines Sozialdemokraten" auszugsweise mitgeteilt wird, enthält eine Reihe von Hinweisen auf die Versuche der Liquidatoren, „das ihnen so verhasste Karthago" (d. h. die Partei) zu zerstören.

Die Menschewiki kamen zum Plenum mit einem fertigen Plan für Liquidierung des ZK. Unter dem Einfluss der Bundisten und besonders unter dem Druck der Bolschewiki auf dem Plenum selbst milderten die Menschewiki einigermaßen ihre ursprüngliche Absicht, sich entschieden für Liquidierung des ZK einzusetzen.

Auf dem Plenum wurde beschlossen, das Ausländische Zentralbüro der sozialdemokratischen Organisationen, an dessen Spitze Menschewiki standen, zu reorganisieren. Da die Menschewiki in Russland fast keine Organisationen mehr hatten, im Ausland aber im Übergewicht waren, so war es für sie von Wichtigkeit, das Ausländische Zentralbüro in ihren Händen zu behalten, um es nötigenfalls dem ZK entgegenzustellen. Das Ausländische Zentralbüro bestand aus folgenden Mitgliedern: Tschitscherin (Ornatski), Serjoschnikow, Buchholz, die beiden Nasarjew; von den Bolschewiki – Alexinski und Otzow (Schitomirski – erwies sich später als Provokateur großen Stils). Das ZK setzte ein neues Büro ein – vier Vertreter aus jeder Fraktion und zwei Deutsche (Cohn und Liebknecht), doch das (alte) Auslandsbüro unterwarf sich nicht dem Beschluss des Plenums. Der Kampf um das Büro wurde noch mehr verschärft durch ganz außerordentlich große Emigranten-Intrigen in Geldfragen (Tifliser Expropriation, Schmidtsche Erbschaft usw.). Die Menschewiki und hauptsächlich Martow versuchten, das ZK und die Bolschewiki politisch zu kompromittieren.

Gleich nach dem Plenum machten die Otsowisten und Ultimatisten den Vorschlag, eine Parteischule zu organisieren (die spätere Capri-Schule). Der im September gemachte Vorschlag von Alexinski, eine Schule zu organisieren, zeigt, dass schon damals der Versuch gemacht wurde, eine neue „bolschewistische" organisatorisch-ideologische Zentrale zu gründen.

Anderseits setzte auch eine Reihe menschewistischer Vorstöße ein (Versammlungen in Petersburg, Reden von Tscherewanin, Larin), mit der offenen Aufforderung zur Liquidierung der Organisation.

Das August-Plenum 1908 gibt ein Bild des Beginns jenes Verfalls, den Lenin später folgendermaßen charakterisiert hat:

Vergleichen Sie das alles in seiner Gesamtheit, die ganze Summe der ideologischen Strömungen in den Jahren 1908 bis 1912 bei den Sozialrevolutionären, bei den Trudowiki, bei der Richtung ,Bes Saglawija' und den Kadetten mit dem, was bei den Sozialdemokraten war und ist (einmal wird jemand, wahrscheinlich ein Historiker, diese Arbeit gewiss machen). Sie werden sehen, dass alle, buchstäblich alle außerhalb der Sozialdemokratie Stehenden dieselben, buchstäblich dieselben Fragen zu lösen suchten, die den Anlass für die Abspaltung der kleinen Gruppen von der Partei in der Richtung zum Liquidatorentum und zum Otsowismus gebildet haben" (Lenin, Briefe an Gorki, Berlin 1924. Brief vom 1 August 1912). [Band 12]

In dem Kampfe Lenins und der Bolschewiki „gegen zwei Fronten“ auf und nach der Konferenz vom Dezember 1908 müssen wir einen geschichtlichen Abschnitt jenes ständigen Kampfes „gegen die Feinde innerhalb der Arbeiterbewegung“ erblicken, in welchem, wie Lenin sagt, der Bolschewismus aufwuchs, sich festigte und hart geschmiedet wurde, des Kampfes gegen den kleinbürgerlichen Opportunismus von rechts und gegen den ebenfalls kleinbürgerlichen Revolutionarismus von „links“. Das menschewistische Liquidatorentum mit seinem Kampfe gegen die illegale revolutionäre Partei des Proletariats, für eine legale „Arbeiter“-Partei der liberalen Reformen war nichts anderes als die direkte Fortsetzung und Weiterentwicklung der opportunistischen Linie des Menschewismus in der Revolution 1905-1907 unter den neuen Verhältnissen der Periode der Reaktion und des neuen Aufschwungs. [...]

War die allgemeine politische Linie der Menschewiki in den Jahren 1905–1907 die Linie der Zusammenarbeit mit der liberalen Bourgeoisie bei Unterordnung der revolutionären Arbeiterbewegung unter dieselbe, so bekam diese Linie in der Gestalt des Liquidatorentums den Charakter der Unterordnung dieser Bewegung unter die Interessen der bereits vollzogenen Abmachung der liberalen Bourgeoisie mit dem Zarismus und der geringfügigen liberal-reformistischen Flickereien an dem nach der Niederlage der Revolution von 1905–1907 etablierten Regime. Der Otsowismus war nichts anderes als der Revolutionarismus des „wild gewordenen Kleinbürgers“, der nicht imstande ist, die Änderungen in den Kräfteverhältnissen der Klassen und in den Bedingungen ihres Kampfes zu verstehen und die Taktik dementsprechend zu ändern. Dieser kleinbürgerliche Revolutionarismus, der die Einschätzung der Kampfbedingungen durch die klingende revolutionäre Phrase ersetzt, war für den Otsowismus bezeichnend. Die Niederlage der Revolution von 1905–1907, die neuen Schritte des Absolutismus in der Richtung zur bürgerlichen Monarchie, die Verschiebungen in den Klassenverhältnissen, die in dem Kompromiss, in dem Bündnis des gutsherrlichen Absolutismus mit der Bourgeoisie, darunter auch mit der liberalen Bourgeoisie, zum Ausdruck kamen – das alles machte einen Rückzug der zerschlagenen revolutionären Armee notwendig. Die Bolschewiki führten diesen Rückzug in der Weise durch, dass die Möglichkeit einer neuen revolutionären Offensive offengehalten wurde und dieselbe vorbereitet werden konnte. Die Menschewiki zogen sich anstatt dessen in den Sumpf des liberalen Reformismus zurück. Die Otsowisten vollzogen keinen solchen Rückzug, aber sie machten auch den bolschewistischen Rückzug nicht mit. Da sie weder die geänderten Kampfbedingungen noch die Bedeutung dieser Änderung verstanden, die Notwendigkeit eines Rückzuges zwecks Vorbereitung einer neuen revolutionären Offensive leugneten und die Ausnutzung der legalen Einrichtungen und Organisationen für diesen Zweck ablehnten, verhinderten sie in Wirklichkeit ebenso wie die Menschewiki die Vorbereitung einer neuen Offensive und erschienen damit als ebensolche Liquidatoren, nur waren sie Liquidatoren von „links“, „umgestülpte“ Liquidatoren. Diese „linke“ otsowistische Gefahr erforderte um so mehr eine Bekämpfung, da sie in den Reihen der Bolschewiki selbst auftrat und die Bolschewiki nur dadurch, dass sie sie beseitigten, die Hände frei bekommen konnten zum Kampfe gegen die rechte Gefahr, gegen die menschewistischen Liquidatoren. Die ganze Wichtigkeit des in der Periode der Reaktion geführten Kampfes gegen den Otsowismus hat Lenin (in der 1920 erschienenen Broschüre „Der Radikalismus, die Kinderkrankheit desKommunismus“, Kapitel III) mit den folgenden Worten betont: „Von allen geschlagenen oppositionellen und revolutionären Parteien haben die Bolschewiki den Rückzug in der größten Ordnung angetreten, bei den geringsten Verlusten für ihre ,Armee', bei größter Erhaltung ihres Kerns, geringsten Spaltungen (ihrer Tiefe und Unheilbarkeit nach), geringster Demoralisation, größter Fähigkeit, die Arbeit in möglichst umfassender, richtiger und energischer Weise wieder aufzunehmen. Und erreicht haben das die Bolschewiki nur deshalb, weil sie erbarmungslos die Revolutionäre der Phrase entlarvten und fortjagten, die nicht begreifen wollten, dass man den Rückzug antreten, dass man verstehen muss, den Rückzug durchzuführen, dass man unbedingt lernen muss, in den reaktionärsten Parlamenten, den reaktionärsten Gewerkschafts-, Genossenschafts-, Versicherungs- und sonstigen Organisationen legal zu arbeiten“. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 4, Anm. 1]

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