Die
„Rede
auf dem Allrussischen Verbandstag der Transportarbeiter“,
die von Lenin
am 27. März 1921 gehalten und in der „Prawda“
vom 29. und 30. März veröffentlicht wurde, bildete eines der
wichtigsten Leninschen Dokumente zur Charakteristik der Klassen und
der Klassenbeziehungen in der Übergangsepoche zwischen Kapitalismus
und Sozialismus. Lenin schildert diese Beziehungen auf einer
bestimmten Etappe des Klassenkampfes während der Übergangsepoche in
Sowjetrussland, nämlich bei den ersten Schritten der neuen
ökonomischen Politik,
und charakterisiert die drei Klassenkräfte der Übergangsepoche –
das Proletariat, die Bourgeoisie und die Mittelbauernschaft. Er
behandelt hier ebenso wie in seinen anderen Arbeiten die
letztgenannte dieser Kräfte als eine Kraft, die zwischen dem
Proletariat und der Bourgeoisie schwankt, als „Kraft des
Schwankens“ und geht hier, ebenso wie früher (z. B. in dem
Artikel „Ökonomie und Politik in der Epoche der Diktatur des
Proletariats“),
von der zwieschlächtigen Natur des Mittelbauern aus, der einerseits
Werktätiger und anderseits warenproduzierender Kleineigentümer ist.
Die Politik der proletarischen Partei in der Übergangsepoche ist
darauf gerichtet, durch das Bündnis mit diesen Bauern als
Werktätigen, durch die proletarische Leitung dieser Bauern, auf der
Grundlage der sozialistischen Industrialisierung, in schonungslosem
Kampf gegen das Kulakentum die kleine Bauernwirtschaft auf die Bahn
der Kollektivierung überzuleiten. Darin bestand auch die
Grundaufgabe des Übergangs zur neuen ökonomischen Politik. [...]
zur Zeit, als die ersten Schritte der neuen ökonomischen Politik
getan wurden, machten sich die Eigentümerbestrebungen des
Mittelbauern mit aller Kraft geltend. Der Kleineigentümer in dem
Mittelbauern gewann für eine gewisse Zeit Oberhand über den
Werktätigen. Die „Kraft des Schwankens“ der Mittelbauernschaft
war besonders groß (ihre Erscheinungsform war Kronstadt).
Im Frühjahr 1921, als die Bourgeoisie eben erst im Bürgerkrieg
geschlagen worden war, trat die Mittelbauernschaft, nach dem Ausdruck
Lenins, als einzige Klasse auf, die fähig war, sich dem Proletariat
entgegenzustellen. Infolgedessen war die kleinbürgerliche Anarchie
bei den ersten Schritten der neuen ökonomischen Politik eine
besondere Gefahr, die Hauptgefahr, auf deren Boden die Offensive der
geschlagenen Bourgeoisie, die die kleinbürgerliche Anarchie stets
für die Zwecke der Konterrevolution ausnutzt, wiedereinsetzen konnte
(wie dies denn auch in der Zeit vor dem X.
Parteitag
und während des Parteitages der Fall war). Deshalb betonte Lenin auf
dem Verbandstag der Transportarbeiter mit besonderem Nachdruck die
Gefahr der kleinbürgerlichen Anarchie, und auf die Frage, gegen wen
wir jetzt (d. h. in jenem Zeitpunkt) einen der letzten,
entscheidenden Kämpfe führen, antwortete er: „Gegen die
kleinbürgerliche Anarchie bei uns zu Hause.“ All das bildete in
Lenins Rede auf dem Verbandstag der Transportarbeiter eine der
Begründungen für den sich vollziehenden Übergang zur neuen
ökonomischen Politik. [...] Im Schlussteil seiner Rede verweilte Lenin besonders bei der Rolle, die den Transportarbeitern im Kampf gegen die kleinbürgerliche Anarchie zufällt. Dabei stellte Lenin fest, dass die Transportarbeiter eine Abteilung des Proletariats sind, die ein ständiges Bindeglied zwischen Stadt und Land, zwischen Industrie und Landwirtschaft bilden. Zur Festigung dieser Verbindung – sagte Lenin – ist eine Hebung der Arbeitsdisziplin im Transportwesen notwendig. Der erste vereinigte Verbandstag der Schifffahrts- und der Transportarbeiter (22.–31. März 1921), auf dem diese Rede Lenins gehalten wurde, befasste sich gerade mit den Fragen der Festigung des Verkehrswesens und der Hebung der Arbeitsdisziplin bei den Eisenbahnern und Schifffahrtsarbeitern. Zugleich entschied der Verbandstag eine Reihe organisatorischer Fragen, in erster Linie die Frage der Verschmelzung der Gewerkschaften der Schifffahrtsarbeiter und der Eisenbahner, wählte ein neues Zentralkomitee des vereinigten Verbandes und zeichnete neue Methoden der Gewerkschaftsarbeit im Transportwesen vor. Der Verbandstag stellte allen Organisationen des Verbandes der Transportarbeiter die Aufgabe, für eine aktive Teilnahme der breiten Massen der Eisenbahner und Schifffahrtsarbeiter an der Wiederherstellung des Eisenbahn- und Schiffstransportwesens Sorge zu tragen. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 9, Anm. 49] |
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