Die III. Reichsduma, gewählt auf Grund des reaktionären Wahlgesetzes vom 3. Juni 1907, das den Gutsbesitzern und der Großbourgeoisie eine feste Mehrheit sicherte, begann ihre Tätigkeit am 14. (1.) November 1907. Ihre Vollmachten liefen am 13. September 1912 ab. Die erste Tagung dauerte vom 14. (1.) November 1907 bis zum 11. Juli (28. Juni) 1908, die zweite Tagung vom 28. (15.) Oktober 1908 bis zum 15. (2.) Juli 1909. Die im Text des Leninschen Artikels mitgeteilte Zusammensetzung der Duma, hat sich während ihres ganzen Bestehens in der Hauptsache nur wenig geändert. In der Folge betonte die extrem reaktionär-oktobristische Duma nur immer mehr ihren rechten Charakter. Dies kam selbst in den Präsidiumswahlen zum Ausdruck. Der erste Dumavorsitzende war der „linke" Oktobrist und Slawophile N. A. Chomjakow, ihm folgte der Führer des oktobristischen „Zentrums" A. I. Gutschkow, doch auch dieser trat den Präsidentensessel einem „rechten" Oktobristen, dem Gutsbesitzer und Kapitalisten M. W. Rodsjanko ab, der auch in der IV. Duma Vorsitzender blieb. Die Änderung des Wahlgesetzes hat also ihr Ziel erreicht. Wie der Autor des Wahlgesetzes vom 3. Juni 1907, S. E. Kryschanowski, erklärte, war es gelungen, „die Zahl der Vertreter von jeder Bevölkerungsklasse vorauszubestimmen und auf diese Weise eine den Absichten der Regierungsmacht entsprechende Zusammensetzung der Duma zu sichern". Die soziale Zusammensetzung der III. Duma war folgende: 202 Gutsbesitzer (46%, d. h. fast die Hälfte der ganzen Duma), 47 Geistliche, 29 Beamte (beide Kategorien zusammen bildeten 18%), Bourgeoisie 8%, Rechtsanwälte 7,5%, Bauern („Landwirte") 65 (15%), von denen mehr als ein Drittel zur Rechten gehörten, sowie 11 Arbeiter und Handwerker (2,5%). Die Taktik der Parteien in der Duma lieferte der Sozialdemokratie ausgezeichnetes Agitationsmaterial. Die Rechten und die Oktobristen unterstützten offen den Absolutismus; tonangebend in diesem Block waren die „Schwarzhunderter". In allen Hauptbeschlüssen der Duma stellten sich die Kadetten auf die Seite der Konterrevolution. Die Duma bewilligte reiche Mittel für die Gerichte, im Besonderen für die Kriegsgerichte, sie bewilligte Geld für Gefängnisse. Auch die Kadetten stimmten dafür. Ebenso stimmten sie mit dem gesamten rechten Block für den zaristischen Etat, für die Vergrößerung des Heeres, für die Festigung der „bewaffneten Macht", für Regierungsanleihen. Anfänglich stellte die III. Duma die Agrarfrage nicht auf ihre Tagesordnung, bemüht, ihrer Erörterung auszuweichen, solange die Situation im Lande noch nicht endgültig geklärt war. Doch bereits am 23. Oktober 1908 setzte die Erörterung des Stolypinschen Ukas vom 9. November 1906 ein, und ihr Resultat war das Gesetz vom 14. Juni 1910. Die Stolypinsche Agrarpolitik, die auf den „starken", wohlhabenden Bauer mit starken Besitzerinstinkten eingestellt war, war bestimmt, die Entwicklung des Dorfes in kapitalistische Bahnen zu lenken, sie war auf den Schutz der Gutsbesitzerinteressen und gegen die Interessen der Bauernmassen gerichtet. (Über die Haltung der Duma in der Agrarfrage siehe den Aufsatz Lenins im vorliegenden Band „Die Agrardebatte in der III. Duma", S. 503). Die III. Duma führte einen entschlossenen Kampf gegen die nationalen Minderheiten des russischen Reichs. Insbesondere unterstützte sie die Regierungspolitik gegen die Autonomie Finnlands. Die kadettische Opposition in der finnischen Frage ging einzig von dem Standpunkt aus, alles müsse „auf gesetzlicher Grundlage" getan werden. Besonders krass trat das konterrevolutionäre Wesen der Duma und der Kadetten in den Fragen der Arbeitsgesetzgebung zutage. Sowohl die Dumamehrheit als auch die Kadetten sprachen sich gegen gesetzliche Regelung der Arbeitsruhe für Handelsangestellte aus. Unter dem Deckmantel der Arbeiterversicherung wurde faktisch von der Dumamehrheit gemeinsam mit den Kadetten eine Versicherung der Kapitalisten auf Kosten der Arbeiter durchgeführt. Als Antwort auf die Interpellation der sozialdemokratischen Fraktion über die Verfolgungen der Gewerkschaftsorganisationen stellten die Kadetten zusammen mit den Oktobristen die Frage folgendermaßen: Die Verfolgungen könnten nur dann eingestellt werden, wenn die Gewerkschaften auf politische Betätigung verzichten, ihre Beziehungen zur Sozialdemokratie abbrechen. In außenpolitischen Fragen war die Dumamehrheit, Kadetten, Oktobristen und Rechte, vollkommen einmütig. Durch den Mund der Kadetten unterstützte die Bourgeoisie energisch jeden imperialistischen Schritt. Miljukow begrüßte die imperialistische Außenpolitik des Absolutismus als wahrhaft nationale Politik. Der
kleinbürgerliche Flügel in der Duma war ganz unbedeutend und
hauptsächlich durch die Trudowiki
vertreten. Diese schwankten zwischen Kadetten und Sozialdemokratie
und gingen häufig mit der liberalen Bourgeoisie zusammen. [Band 12] |
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