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Hirsch-Dunckersche Gewerkvereine

Um auf die Arbeiterklasse Einfluss zu gewinnen und die Sozialdemokratie zu bekämpfen, sah sich die Deutsche (liberale) Fortschrittspartei in den sechziger und siebziger Jahren gezwungen, Gewerkschaften zu organisieren. Die agitatorische und praktische Arbeit auf diesem Gebiet wurde von dem Fortschrittler Schulze, dann von Max Hirsch und Duncker geleistet, die die „Harmonie" der Interessen von Arbeit und Kapital und die Unzweckmäßigkeit des Streikkampfes predigten und sich dafür einsetzten, dass nicht nur Arbeiter, sondern auch Kapitalisten in die Verbände aufgenommen werden; von jedem neuen Gewerkschaftsmitglied verlangten sie bei seinem Eintritt in den Verband eine Erklärung, „dass er weder Mitglied noch Anhänger der Sozialdemokratie sei". In seiner Arbeit, „Die Arbeiterfrage und die deutschen Gewerkvereine" schilderte M. Hirsch mit folgenden Worten die Aufgaben der Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine: „Das Wesen des Programms der deutschen (fortschrittlichen) Gewerkvereine – ebenso wie der englischen – besteht in der Erkenntnis, dass für die Befreiung des in der Großindustrie beschäftigten Arbeiters von der materiellen und sozialen Unterdrückung durchaus kein radikaler Umsturz im Sinne der Abschaffung des Privateigentums und der Vernichtung der Privatunternehmen erforderlich ist – wie es die Sozialdemokraten lehren; hierfür genügt vollständig neben einem wirklichen gesetzlichen Arbeiterschutz die gewerkschaftliche Organisation der Arbeiter und die Anhäufung von bedeutenden Geldmitteln. Das macht die Arbeiter, deren Schwäche aus ihrer Zersplitterung und aus ihrem Geldmangel resultiert, zu einer Kraft, die fähig ist, der Kraft der Kapitalisten Widerstand zu leisten."

Die Unzufriedenheit der Arbeiter mit der gemäßigten Taktik der Hirsch-Dunckerschen Verbände und die Agitation der Sozialdemokraten führten zu einer Verringerung der Mitgliederzahl und zur Schwächung dieser Verbände. Im Jahre 1897 zählten die Hirsch-Dunckerschen Verbände 75.000, die sozialdemokratischen 419.000 Mitglieder.

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