Die Frage der gemischten Gesellschaften, d. h. Aktiengesellschaften, an denen auf vertraglicher Grundlage neben den Sowjetwirtschaftsorganen auch ausländisches Kapital beteiligt war, wurde von Lenin bereits zu Beginn der neuen ökonomischen Politik aufgeworfen. Ebenso wie die Konzessionen wurden auch die gemischten Gesellschaften von Lenin zu den Formen des Staatskapitalismus im proletarischen Staat gerechnet. Im ersten Jahr der neuen ökonomischen Politik wandte sich die Hauptaufmerksamkeit einer dieser beiden Formen des Staatskapitalismus, nämlich den Konzessionen, zu, doch schon zur Zeit des XI. Parteitages sah sich das Volkskommissariat für Außenhandel angesichts der langsamen Entwicklung des Konzessionswesens veranlasst, den Weg der Heranziehung von ausländischem Kapital in der etwas elastischeren Form von gemischten Gesellschaften zu beschreiten. Diese Form ermöglichte auch die Ausnützung der technischen und kommerziellen Erfahrungen der westeuropäischen Kapitalisten. Unter gemischten Gesellschaften verstand man Aktiengesellschaften, die vom Sowjetstaat im Verein mit ausländischen Kapitalisten gegründet wurden, wobei 51 Prozent der Aktien in den Händen des Sowjetstaates blieben. Die gemischten Gesellschaften haben eine verhältnismäßig schwache Entwicklung erfahren. Meistens waren es Handelsgesellschaften (z. B. die Russisch-Österreichische Handelsgesellschaft, die Russisch-Deutsche Handelsgesellschaft, die Russisch-Polnische Handelsgesellschaft), oder auch Verkehrgesellschaften (wie die Deruluft, eine Flugverkehrsgesellschaft, oder die Ruskana, eine Seeverkehrsgesellschaft). Es gab jedoch auch gemischte Gesellschaften, die sich sowohl mit Handelsoperationen als auch mit der Produktion selbst befassten. So beschäftigte sich z. B. die Russisch-Englische Holzgesellschaft sowohl mit der Holzgewinnung und -bearbeitung als auch mit der Ausfuhr und dem Verkauf von Holz. Später wurden zum Haupttypus der gemischten Gesellschaften solche Gesellschaften, an denen neben den staatlichen Organen genossenschaftliche Organisationen beteiligt waren. Zu gemischten Gesellschaften dieser Art gehörten z. B. die Trikotagenzentrale, der „Pris“ usw. Einige ehemalige gemischte Gesellschaften (Konzessionen), wie z. B. die Russisch-Englische Holzgesellschaft, die Russisch-Holländische Holzgesellschaft, die Russisch-Norwegische Holzgesellschaft usw., die alle im Jahre 1923 gegründet wurden, sind inzwischen zu rein staatlichen Sowjetorganisationen geworden. Die Aktien der ausländischen Partner sind von der Sowjetregierung auf Grund freiwilliger Abkommen zurückgekauft worden. In Verbindung mit der Ausnützung der fortgeschrittenen Technik des Westens muss die später in der Sowjetunion einsetzende Praxis erwähnt werden, Verträge über technische Hilfe mit den größten ausländischen Industrieunternehmen abzuschließen. Diese Verträge waren dazu berufen, der Sowjetunion die Unterstützung der betreffenden ausländischen Firmen bei der technischen Rekonstruktion von Betrieben oder bei der Organisierung neuer Produktionszweige in der UdSSR zu sichern. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 9, Anm. 96] |
Glossar >