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Dampfersubventionen LW

Lenin meint hier die Diskussion, die 1887 in den Reihen der deutschen Sozialdemokratie über die Stellung der Mehrheit der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion zu den Subsidien für die Schifffahrtsgesellschaften entstand. Diese Subsidien wurden in Höhe von 4,4 Millionen Mark pro Jahr gefordert. Trotzdem die sozialdemokratische Fraktion einstimmig die Forderung der Regierung abgelehnt hatte, dauerten die Meinungsverschiedenheiten in dieser Frage auch nach der Abstimmung weiter an. Die Mehrheit der Fraktion (Auer, Dietz, Frohme, Grillenberger) war der Auffassung, dass einige dieser Schifffahrtslinien in keinem direkten Zusammenhang mit der Kolonialpolitik der Regierung stehen, sondern die friedlichen Beziehungen zwischen den Völkern fördern und erleichtern. Die Mehrheit hob die kulturelle Bedeutung des Ausbaus der Schifffahrtslinien hervor und neigte dazu, die Subsidien für die ostasiatischen und australischen Linien zu bewilligen. Die Minderheit (Bebel, Liebknecht und Vollmar) war entschieden gegen die Regierungssubsidien an die privaten Dampfergesellschaften und sah darin eine neue Belastung der Steuerzahler. Gegen den Standpunkt der Mehrheit der Reichstagsfraktion traten die Organisationen Leipzig, Rostock, Frankfurt und Königsberg auf. Es folgten Proteste der Parteimitglieder, die in der Emigration lebten. Eine scharfe Kritik an dem Standpunkt der Mehrheit übte auch das Zentralorgan der Partei „Der Sozialdemokrat“. Die Diskussion trug einen heftigen und leidenschaftlichen Charakter und verschärfte sich noch mehr als die Reichstagsfraktion, die in der Periode des Sozialistengesetzes den Parteivorstand vertrat, sich entschieden dagegen verwahrte, dass die Parteizeitung die Handlungsweise der Fraktion kritisierte. Der Streit dauerte monatelang und endete schließlich mit einer Verständigung, die F. Engels in einem Brief an Sorge als einen Sieg des „Sozialdemokraten“ über die Fraktion betrachtete. [Lenin, Sämtliche Werke, Band 25, Anm. 203]

Im März 1885 stimmte die opportunistische Mehrheit der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion für die Subvention von Dampferverbindungen mit Ostasien und Australien und versuchte so. der sozialdemokratischen Partei eine auf die Unterstützung der Bismarckschen Kolonialpolitik gerichtete Taktik aufzuzwingen. Die revolutionären sozialdemokratischen Parteimitglieder und das Zentralorgan „Der Sozialdemokrat", von Friedrich Engels maßgeblich unterstützt, der scharfe Kritik an den Opportunisten übte, lehnten dieses entschieden ab und zwangen die opportunistischen Reichstagsabgeordneten zum Rückzug. In der 2. und 3. Lesung stimmte die sozialdemokratische Reichstagsfraktion geschlossen gegen die Dampfersubvention. Die revolutionären Mitgliedermassen hatten den Opportunisten eine solche Abfuhr erteilt, dass diese es bis zum Ende des Sozialistengesetzes nicht mehr wagten, offen gegen die revolutionäre Politik und Taktik der Partei aufzutreten.

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