Das
„Demokratische Komitee“ in Samara oder das „Komitee der
Konstituantemitglieder“ wurde am 8. Juni 1918 von rechten
Sozialrevolutionären,
ehemaligen Mitgliedern der von der Sowjetmacht aufgelösten
Konstituierenden Versammlung, gebildet. Gestützt auf die
militärischen Kräfte des tschechoslowakischen
Armeekorps, zettelte das „Demokratische Komitee“ einen Putsch
an und riss die Macht an sich. Das Komitee bestand bis Ende Oktober
1918; es trat die Macht an das sogenannte Direktorium von Ufa ab. [Lenin, Sämtliche Werke, Band 26, Anm. 16] Das „Demokratische Komitee“ von Samara – „Komitee der Mitglieder der Konstituante“ – wurde am 8. Juni 1918, nach der Einnahme von Samara (gegenwärtig Kuibyschew) durch die konterrevolutionären Truppen der aufständischen Tschechoslowaken gebildet. Das Komitee setzte sich zusammen aus rechten Sozialrevolutionären, Abgeordneten der ehemaligen Konstituante: Wolski, Nesterow, Bruschwit, Klimuschkin und Fortunatow. Am Tage seiner Entstehung erließ das „Demokratische Komitee“ die Verordnung Nr. 1, worin im Namen der Konstituante die bolschewistische Macht in der Stadt und im Gouvernement Samara für „gestürzt“ erklärt wurde. Bald darauf bildete sich beim „Demokratischen Komitee“ eine Regierung aus Sozialrevolutionären, der sogenannte Rat der Ressortleiter. Mit Ausnahme des „parteilosen“ zaristischen Obersten Galkin (der den Posten des Kriegsministers innehatte) und des Menschewiken Maiski gehörten alle übrigen elf Mitglieder des Rats zum rechten Flügel der Partei der Sozialrevolutionäre. Das Komitee betrachtete sich als Keim einer zentralen Regierung. Dieses sozialrevolutionäre „Demokratische Komitee“ war ein Werkzeug in den Händen der monarchistischen, bürgerlich-gutsherrlichen Konterrevolution, die eine Zeitlang das Aushängeschild des sozialrevolutionären Komitees für ihre konterrevolutionären Zwecke benutzte. Bei den Arbeitermassen und unter den armen und den Mittelbauern fanden die Sozialrevolutionäre keinerlei Unterstützung. Anklang fanden sie nur bei den kulakischen Schichten des Dorfes. Klimuschkin, einer der Führer des Komitees, sagte später: „Der Umsturz in Samara kam nicht spontan … Sofort nach unserer Rückkehr (aus Petrograd nach der Auseinanderjagung der Konstituante. D. Red.) stellten wir uns die Aufgabe, die Bedingungen für den Sturz der bolschewistischen Macht vorzubereiten … wir überzeugten uns jedoch, dass unter den Arbeitern solche Kräfte nicht hervorgebracht werden konnten. Wir richteten unsere Aufmerksamkeit auf die Soldatenmasse, hauptsächlich auf die Offiziere. Unsere Kräfte waren jedoch gering, da niemand an die Möglichkeit des Sturzes der bolschewistischen Macht glaubte.“ Die reale Militärgewalt, auf die sich das Komitee stützte, waren lediglich die weißgardistischen Offizierskader und insbesondere die tschechoslowakischen Truppenteile. Bald nach seiner Entstehung ging das Komitee daran, eine „Volksarmee“ auf der Grundlage der Freiwilligkeit zu organisieren, aber schon am 30. Juni 1918 sah es sich gezwungen, eine Zwangsmobilisierung zu verkünden; nur auf diese Weise gelang es dem Komitee mit großer Mühe, eine Armee von 30.000 Mann aufzustellen, zu der 10.000 gut bewaffnete tschechoslowakische Legionäre gehörten. Diese Armee ermöglichte es dem „Demokratischen Komitee“ in der ersten Zeit, Ufa, Simbirsk und dann auch Kasan zu besetzen. Von den ersten Tagen der Herrschaft des „Demokratischen Komitees“ an ergoss sich über das von ihm eroberte Gebiet eine Welle des grausamsten weißen Terrors. Zum schonungslosen Kampf gegen die revolutionäre Bewegung in Stadt und Land wurden überall Standgerichte eingesetzt, die auf bestialische Weise mit allen „Unzufriedenen“ kurzen Prozess machten. Das sozialrevolutionäre „Demokratische Komitee" erließ eine Verordnung, wonach nicht nur die Kulaken, sondern selbst die Gutsbesitzer alle jene Ländereien behalten durften, die faktisch aus irgendeinem Grunde in der kurzen Periode zwischen der Oktoberrevolution und dem tschechoslowakischen konterrevolutionären Umsturz den Kulaken noch nicht entzogen und den Gutsherren noch nicht weggenommen worden waren. Das Komitee gab die Banken ihren früheren Eigentümern zurück und begann die Entnationalisierung der Industrie, indem es die Fabrikanten für alle erlittenen Verluste zu Marktpreisen entschädigte. Die Sozialrevolutionäre gingen also daran, den Kapitalismus und den gutsherrlichen Grundbesitz vollständig wiederherzustellen. Von den Tschechoslowaken abgesehen, verfügte die sozialrevolutionäre Konterrevolution über keine ernst zu nehmenden Kräfte. In dem Maße, wie die tschechoslowakischen Legionäre unter dem Druck der roten Truppen ihren Rückzug antreten mussten, verlor das Komitee seine Macht. Bereits im September 1918 gelang es der Roten Armee, Kasan und darauf Simbirsk und Samara zu besetzen. Ende September wurde auf der „Staatsberatung“ in Ufa ein „Direktorium“ geschaffen, dem folgende Personen angehörten: die Sozialrevolutionäre Awksentjew und Sensinow, der Kadett Astrow, der General Boldyrjow u. a. Von diesem Augenblick an hörte das „Demokratische Komitee“ auf, als Regierung zu existieren. In der Nacht zum 18. November 1918 ließ der Admiral Koltschak die sozialrevolutionären Mitglieder des Direktoriums verhaften, worauf der Ministerrat Koltschak zum „Obersten Regenten“ von Russland ausrief. Die Sozialrevolutionäre hatten ihre Schuldigkeit getan – sie hatten Koltschak geholfen, festen Fuß zu fassen. Man brauchte sie nicht mehr, und der weiße Admiral jagte sie zum Teufel. Die historische Rolle der kleinbürgerlichen, menschewistisch-sozialrevolutionären Konterrevolution bestand darin, gegen die proletarische Revolution zu kämpfen und der bürgerlich-gutsherrlichen Reaktion den Weg zur Macht zu bahnen. Das Beispiel des „Demokratischen Komitees“ in Samara und des Kronstädter Aufstandes legen hierfür beredtes Zeugnis ab. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 8, Anm. 38] |
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