der «Kommission zur Untersuchung der gegen Leo Trotzki in den Moskauer Prozessen erhobenen Anklagen». [Nach Der einzige Weg, Zeitschrift für die Vierte Internationale, Nr. 2 (Januar 1938), S. 33 f.] Diese Kommission wurde im März 1937 durch das Amerikanische Komitee zur Verteidigung Trotzkis geschaffen und von verwandten Körperschaften in Frankreich, England und der Tschechoslowakei unterstützt. Die Kommission handelte völlig unabhängig, ähnlich wie jene zur Untersuchung des Reichstagsbrandes. Ihr einziger Zweck war die Untersuchung der in den Moskauer Prozessen vom August 1936 und Januar 1937 gegen Leo Trotzki und seinen Sohn Leo Sedow erhobenen Anklagen. Während der letzten neun Monate beschäftigte sich die Kommission mit der Prüfung aller erreichbaren Beweise, waren diese günstig oder ungünstig für Trotzki und Sedow. Es gelang ihr, eine Menge wichtiger Tatsachen über den Fall zu sammeln. Unterkommissionen vernahmen Zeugen, darunter Trotzki und Sedow, in Mexiko, Frankreich und Neuyork und übergaben ihre Berichte der Kommission. Nach Beendigung der vorbereitenden Arbeit versammelte sich die Kommission in Neuyork zur Beurteilung aller Beweisstücke. Die Sowjetregierung unterließ es, Vertreter zur Einvernahme der Zeugen oder Beweismittel zu senden; infolgedessen verkörpern die Moskauer Prozess- Berichte den Untersuchungsfall. Grundlage der Untersuchung: 1. Analyse der Prozessberichte. 2. Tätigkeit und Berichte der Unterkommissionen. 3. Beglaubigte schriftliche Aussagen von Zeugen, Briefe, Telegramme, andere der Kommission oder ihren Unterkommissionen eingereichte Dokumente. 4. Die Aussagen der russischen Flüchtlinge Tarow und Dr. Ciliga. 5. Die Publikationen von Trotzki, Sedow, Lenin, Stalin, Radek, Sinowjew und andern. 6. Die Archive Trotzkis, enthaltend Tausende von Dokumenten, welche die Kommission unbeschränkt einsehen konnte. Gestützt auf diese ihre Tätigkeit, fällte die Kommission am 20. September 1937 folgendes Urteil: Prozessführung. 1. Die Kommission findet, dass die Art und Weise der Durchführung der Moskauer Prozesse jede unvoreingenommene Person überzeugt, dass keine Anstrengung gemacht wurde, die Wahrheit zu ergründen. 2. Während Geständnisse notwendig zu ernsthaftesten Betrachtungen berechtigen, enthalten diese Geständnisse ihrerseits solche Unwahrscheinlichkeiten, die die Kommission überzeugen, dass sie nicht der Wahrheit entsprechen, ganz unabhängig von den zu ihrer Erzeugung angewandten Mitteln. Die Anklagen. 3. Auf Grund aller Beweise finden wir, dass Trotzki durch Sedow oder irgend wen sonst Smirnow niemals terroristische Anweisungen gab. 4. Auf Grund aller Beweise finden wir, dass Trotzki Dreitzer niemals terroristische Anweisungen gab, weder durch Sedow noch durch irgend wen sonst. 5. Auf Grund aller Beweise finden wir, dass Holzman niemals als Vermittler handelte zwischen Smirnow einerseits und Sedow andrerseits zum Zweck irgendwelcher terroristischen Verschwörung. 6. Wir finden, dass Holzman niemals Sedow in Kopenhagen traf; dass er niemals mit Sedow zu Trotzki ging; dass Sedow nicht in Kopenhagen war während Trotzkis Aufenthalt in dieser Stadt; dass Holzman niemals Trotzki in Kopenhagen sah. 7. Wir finden, dass Olberg nie nach Russland ging mit terroristischen Anweisungen von Trotzki oder Sedow. 8. Wir finden, dass Berman-Jurin niemals von Trotzki in Kopenhagen terroristische Anweisungen erhielt, und dass Berman-Jurin Trotzki nie in Kopenhagen sah. 9. Wir finden, dass David nie von Trotzki in Kopenhagen terroristische Anweisungen erhielt und dass er Trotzki nie in Kopenhagen sah. 10. Wir finden keinerlei Grundlage für den Versuch, Moissej Lurje und Nathan Lurje mit einer behaupteten trotzkistischen Verschwörung zu verbinden. 11. Wir finden, dass Trotzki niemals Wladimir Romm im Bois de Boulogne oder sonst wo traf; dass er Romm keine Botschaft an Radek übergab. Wir finden, dass Trotzki und Sedow nie irgendwelche Verbindung mit Wladimir Romm hatten. 12. Wir finden, dass Pjatakow im Dezember 1935 nicht nach Oslo flog; er sah Trotzki nicht, wessen er beschuldigt; er erhielt von Trotzki keinerlei Anweisungen irgendwelcher Art. Wir finden, dass die Widerlegung von Pjatakows Geständnis in diesem entscheidenden Punkt seine ganze Aussage entwertet. 13. Wir finden, dass die Widerlegung der Aussage des Angeklagten Pjatakow die Aussage des Zeugen Bucharzew entwertet. 14. Wir finden, dass die Widerlegung der Aussagen Wladimir Romms und Pjatakows völlig die Aussage des Angeklagten Radek entwertet. 15. Wir finden, dass die Widerlegung der Geständnisse Smirnows, Pjatakows und Radeks völlig die Geständnisse von Schestow und Muralow entwertet. 16. Wir sind überzeugt, dass die behaupteten Briefe, in denen Trotzki behauptete verschwörerische Anweisungen an die verschiedenen Angeklagten der Moskauer Prozesse sandte nie existierten; und dass die sie betreffenden Aussagen reine Erfindung sind. 17. Wir finden, dass Trotzki während seiner ganzen politischen Tätigkeit ein entschiedener Gegner des individuellen Terrors war. Die Kommission findet ferner, dass Trotzki nie irgendwelche der Angeklagten oder Zeugen der Moskauer Prozesse aufforderte irgendwelche politischen Gegner zu ermorden. 18. Wir finden, dass Trotzki niemals die Angeklagten oder Zeugen der Moskauer Prozesse aufforderte, sich mit Sabotage, Zerstörung und Diversion abzugeben. Im Gegenteil, er war immer ein entschiedener Verteidiger des Aufbaus der sozialistischen Industrie und Landwirtschaft in der Sowjetunion und er kritisierte die gegenwärtige Regierung unter dem Gesichtspunkt, dass ihre Tätigkeit dem Aufbau der sozialistischen Wirtschaft in Russland schade. Er sieht in der Sabotage kein Mittel der Opposition gegenüber irgendeinem politischen Regime. 19. Wir finden, dass Trotzki nie irgendwelche der Angeklagten oder Zeugen der Moskauer Prozesse aufforderte mit fremden Mächten gegen die Sowjetunion in Verbindung zu treten. Im Gegenteil, er trat immer kompromisslos für die Verteidigung der USSR ein. Er war ebenfalls immer einer der hervorragendsten ideologischen Gegner des Faschismus, repräsentiert durch die ausländischen Mächte, mit denen sich verschworen zu haben, man ihn beschuldigt. 20. Auf Grund aller Beweise finden wir, dass Trotzki niemals die Wiederherstellung des Kapitalismus in der Sowjetunion empfahl, sie plante oder versuchte. Im Gegenteil, er war immer bedingungsloser Gegner der Wiederherstellung des Kapitalismus in der USSR und seiner Existenz in der übrigen Welt. 21. Wir finden, dass der Staatsanwalt Trotzkis Rolle vor, während und nach der Oktoberrevolution phantastisch fälschte. Schlussfolgerung. 22. Die Moskauer Prozesse sind Fälschungen. 23. Trotzki und Sedow sind nicht schuldig. Unterzeichnet: John Dewey, Vorsitzender, Benjamin Stolberg, Wendelin Thomas, Alfred Rosmer, John R. Chamberlain, Carlo Tresca, E. A. Ross, Otto Rühle, F. Zamora, Suzanne La Follette, Sekretärin. Die Kommission verkündete dieses Urteil am 12. Dezember 1937 in einer Massenversammlung im Hotel Center, Neuyork. Der Kommissionsbericht, ein 80 000 Worte umfassendes Dokument, wird bald als Buch erscheinen. |
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